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Importierter Stahl soll teurer werden, fordert US-Präsident Donald Trump.

Foto: REUTERS/Ina Fassbender/File Photo

Washington/Wien – Viele hatten darauf gehofft, dass es Donald Trump beim Säbelrasseln belässt. Sie wurden Donnerstagabend enttäuscht. Der US-Präsident gab bekannt, dass er Stahl und Aluminium mit Importzöllen belegen wolle. Mit 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium werden die Strafaufschläge auch ziemlich hoch ausfallen.

Die USA wollen auf Stahl und Aluminium, das in die USA eingeführt wird, Strafzölle erheben – die EU droht mit Gegenmaßnahmen. Wirtschaftskammer-Präsident Leitl will einen Handelskrieg mit den USA vermeiden ("ZiB 13"-Beitrag).
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Er werde die heimische Stahl- und Aluminiumindustrie wieder aufbauen, erklärte Trump. Diese sei seit Jahrzehnten von anderen Ländern unfair behandelt worden. Handelsminister Wilbur Ross hatte dem Präsidenten zuvor einen Katalog mit drei Handlungsoptionen vorgelegt. Dieser sah vor, entweder Strafzölle für alle Länder einzuführen oder höhere Zölle für einige Länder. Dritte Option wären der Verzicht auf Zölle und stattdessen eine Quotenregelung gewesen. Ross war in seiner Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen, dass das Thema Fragen der nationalen Sicherheit berühre.

EU droht mit Gegenmaßnahmen

Und da liegt auch schon das Problem: Strafzölle kommen im Wirtschaftsleben immer wieder vor, doch in der Regel müssen dann auch Dumping-Vorwürfe der Lieferanten bewiesen werden. Derartige Verfahren werden bei der Welthandelsorganisation (WTO) geführt. 2002 beispielsweise hat George W. Bush diverse Einfuhren gesperrt, weil eine ganze Branche in Gefahr sei. Die WTO prüfte den Sachverhalt – und hat die Beschränkungen für nicht regelkonform befunden. Washington ruderte zurück, auch weil in einem solchen Fall Gegenmaßnahmen der Handelspartner angebracht wären. Strafzölle auf US-Ausfuhren riskiert Trump auch aktuell.

Foto: APA/World STeel Association/dpa/WTO

Die EU-Kommission hat bereits den Namen Harley-Davidson und Spirituosen aus den USA genannt, die Brüssel mit Sanktionen belegen könnte. Damit deutet die EU auch an, dass sie nicht aufs Ganze gehen dürfte, gibt es doch wirtschaftlich gewichtigere Produkte als Motorräder und Whiskey. "Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie unsere Industrie durch unfaire Maßnahmen getroffen wird, die Tausende europäische Arbeitsplätze gefährden", kündigte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Donnerstagabend in Brüssel an.

Warnung vor Handelskrieg

Auch die WTO könnte sich schwertun, weil althergebrachte Kriterien einer Handelsauseinandersetzung nicht mehr gelten. Argumentiert Washington mit der nationalen Sicherheit, fehlen der Organisation mit Sitz in Genf möglicherweise die Instrumente einer Prüfung. Man müsste den USA schon nachweisen, dass die Begründung der mangelnden Wehrhaftigkeit vorgeschoben sei, meinen Experten.

Eine scharfe Reaktion kam auch aus Kanada: Handelsminister Francois-Philippe Champagne nannte mögliche US-Strafzölle für Stahl oder Aluminium aus Kanada "inakzeptabel". Außenministerin Chrystia Freeland betonte, Kanada kaufe mehr Stahl aus den USA als jedes andere Land der Welt.

Trump sprach am Donnerstag auch mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, verlautete aus dem Weißen Haus. Außerdem seien "aufrichtige und konstruktive" Gespräche mit dem Wirtschaftsberater des chinesischen Präsidenten Xi Jinping, Liu He, geführt worden. Die US-Seite, angeführt von Finanzminister Steven Mnuchin, habe dabei die Bedeutung von "fairen und wechselseitigen Handelsbeziehungen" unterstrichen.

Dow mit Minus

An der US-Börse fiel der Leitindex Dow nach Trumps Ankündigung um 2,3 Prozent – aus Sorge vor einer höheren Inflation wegen Strafzöllen und möglichen Vergeltungsmaßnahmen von Handelspartnern. Er schloss bei 24.610 Punkten mit 1,7 Prozent im Minus. Zu den Verlierern gehörten exportorientierte Unternehmen wie Boeing und General Motors sowie Technologiekonzerne wie Apple und Cisco Systems. Zu den Gewinnern gehörten die Firmen Century Aluminium und US Steel.

Die Gegenmaßnahmen in Europa, aber auch in China und anderen wichtigen Handelsnationen müssen wohlüberlegt sein. Zu harsche Reaktionen könnten in einen globalen Handelskrieg mit nicht abschätzbaren Folgen münden, warnen Beobachter. Ein laxer Umgang mit der US-Politik wiederum könnte Nachahmer auf den Plan rufen.

Für den heimischen Stahlkonzern Voestalpine bleibt der US-Markt trotz der drohenden Strafzölle langfristig attraktiv. "Das ist keine wirtschaftliche Bedrohung für uns", sagte Konzernchef Wolfgang Eder in Frankfurt vor Journalisten. Die Voest verfügt mit Corpus Christi über einen neuen Standort in den USA. Deutschland rangiert unter den Ländern, die Stahl in die Vereinigten Staaten einführen, nach Angaben des US-Handelsministeriums an achter Stelle. Die deutschen Stahlexporte in die USA nahmen demnach zwischen 2011 und 2017 um etwa 40 Prozent zu. Der Stahlverband Eurofer teilte mit, die Exporte aus der EU könnten vom einen Tag auf den anderen um bis zu 50 Prozent einbrechen.

Kurz für harte Reaktion

Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) drängt auf "harte Gegenmaßnahmen" der Europäischen Union (EU) auf die gestern von US-Präsident Donald Trump angekündigten Strafzölle für Stahl und Aluminium. "Ich erwarte eine selbstbewusste Antwort der EU auf die von Trump angekündigten Maßnahmen", so Kurz in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA am Freitag.

Die Strafzoll-Ankündigung sei "ein absolut falsches Signal". Kurz verwies darauf, dass sich Strafzölle negativ auf das Wirtschaftswachstum beider Partner auswirken würden und einen Handelskrieg auslösen könnten. Europa habe eine starke Wirtschaft und müsse "eine starke sowie selbstbewusste Rolle einnehmen".

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck sieht in den angekündigten Strafzöllen ein "beunruhigendes Signal". Die Ministerin nennt Handelsbarrieren ein falsches Instrument. Seitens der EU sei nun ein geschlossenes und entschlossenes Auftreten wichtig sowie "die Bereitschaft mit entsprechenden Maßnahmen zu reagieren".

Ökonomisch "nicht sinnvoll"

"Ich halte die Maßnahme aus ökonomischen Überlegungen für nicht sinnvoll", sagte Außenhandelsexperte Harald Oberhofer des Forschungsinstituts Wifo und der Wirtschaftsuni (WU) Wien zur APA.

"Von einem Handelskrieg wären letztlich alle Seiten negativ betroffen, auch die USA", ortet Oberhofer eine Abwärtsspirale. Sobald die internationalen Handelspartner zum Gegenschlag ausholen und ihrerseits Strafzölle auf US-Produkte einheben, "wird das auch andere Branchen in der US-Wirtschaft betreffen, weil sie höhere Zölle zahlen müssen". Das könnte die amerikanischen Exporte gehörig dämpfen, da sich die amerikanischen Produkte in den Zielländern verteuern würden. (as, APA, 2.3.2018)