Straßburg/Bratislava – Nach dem Mord an dem slowakischen Enthüllungsjournalisten Jan Kuciak steht Regierungschef Robert Fico im In- und Ausland zunehmend unter Druck. Das Europaparlament werde kommende Woche voraussichtlich eine Delegation in die Slowakei schicken, um den Fall zu untersuchen, sagte die deutsche Europaabgeordnete Ingeborg Gräßle (CDU) am Samstag.

Die Partei Most Hid, die zu Ficos Drei-Parteien-Koalition gehört, kündigte derweil an, am 12. März über ein Ende der Zusammenarbeit zu beraten. Most Hid hatte wegen des Mordes an Kuciak den Rücktritt von Innenminister Robert Kalinak gefordert. Weil dieser sich weigerte, stellt die Partei nun die Koalition mit Ficos sozialdemokratischer Partei Smer-SD in Frage.

Korruption und Mafia

Der 27-jährige Journalist Kuciak und seine gleichaltrige Verlobte Martina Kusnirova waren am Sonntag vergangener Woche in Velka Maca, 65 Kilometer östlich von Bratislava, erschossen aufgefunden worden. Kuciak hatte für das zur deutsch-schweizerischen Mediengruppe Ringier Axel Springer Media gehörende Nachrichtenportal aktuality.sk geschrieben und mehrfach Artikel über korrupte Machenschaften in der Slowakei veröffentlicht. Als er erschossen wurde, arbeitete er gerade an einem Artikel über mutmaßliche Verbindungen der slowakischen Regierungspartei zur italienischen Mafia.

Die Ermordung des Journalisten und seiner Verlobten hatte europaweit Empörung und Sorgen über die Wahrung der Pressefreiheit in EU-Staaten ausgelöst. Am Freitag gingen mehrere tausend zumeist junge Slowaken auf die Straßen, um Kuciaks zu gedenken und gegen Korruption zu demonstrieren.

Fico lobte eine Belohnung von einer Million Euro für Hinweise aus, die zur Ergreifung der Täter führen. Zudem betonte er, seine Regierung werde das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Sicherheit von Journalisten schützen.

Gleichzeitig warf der Regierungschef der Opposition vor, den Mord an Kuciak als "politische Waffe" zu nutzen, um "die Leute auf die Straßen zu bringen und die Macht zu übernehmen". In der Vergangenheit hatte Fico Journalisten unter anderem als "dreckige, anti-slowakische Huren", "dumme Hyänen" und "schleimige Schlangen" beschimpft. (APA, 3.3.2018)