"Ich kam, schaute und baute!": Gustav "Ironimus" Peichl vor dem Kremser Karikaturmuseum, das im Jahr 2001 nach seinen Entwürfen errichtet wurde. Das Wiener Mak zeigt ab 21. März eine eigene Retrospektive zum architektonischen Werk Peichls.

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Ob sich das je ausgehen wird? "Der Optimist" von 1948.

Foto: Ironimus-Archiv

Krems – "Schwache Zeichnung!", sagt er, blinzelt skeptisch durch die Brille mit den kreisrunden Gläsern und geht zum nächsten Blatt: "Schon besser, ja. Das ist sehr schön, wunderbar!" Es sind keine Studierenden, an die Gustav Peichl hier Lob und Tadel verteilt. Jahrzehnte hat die Architekten-Ikone solche unterrichtet, heute aber, beim Rundgang durch das Kremser Karikaturmuseum, gilt der prüfende Blick ihm selbst, seinem Alter Ego: Ironimus.

Unter dem Pseudonym hat der 1928 in Wien geborene Peichl in den 1950er-Jahren begonnen, satirisch zu zeichnen. Seine Handschrift: der einfache schwarze Tuschestrich – keine Kolorierung, keine große Geste, schlicht und pointiert auf das Wesentliche reduziert. Sparsamkeit, Humor, die Sinnlichkeit einfacher Dinge, sagt Peichl, habe er stets auch in seinen architektonischen Entwürfen gesucht. Er baute zahlreiche Landesstudios für den ORF, den Anbau des Frankfurter Städel-Museums und nicht zuletzt das Karikaturmuseum in Krems.

Im Haus mit den humoristischen Dachspitzen, 2001 eröffnet, hat Ironimus neben dem verstorbenen Manfred Deix seinen festen Platz. Im "Ironimus-Kabinett", wo sonst auch wechselnden Ausstellungen Raum gegeben wird, kann man zum 90. Geburtstag Peichls nun die unbekanntere Seite des Künstlers kennenlernen. Die Jubiläumsschau Jetzt mal keine Politik! Cartoons von 1948 bis 2018 versammelt gut 90 Blätter aus sieben Jahrzehnten, die sich mit den Absurditäten der Gesellschaft abseits der Politik beschäftigen und eine Nähe zum deutschen Satiremeister Loriot aufzeigen. Auch die komödiantischen Elemente des Surrealismus lässt Ironimus in diesen Zeichnungen hochleben.

Da sind vor Stolz berstende Mannsbilder mit übergroßen Orden auf der Brust oder mit beschrifteten Geldsäcken anstelle der Köpfe. Andere Blätter verdeutlichen Ironimus' Skepsis in Bezug auf die Ergonomie von modernem Design, Sesseln, für die man sich verbiegen muss. Ähnlich gelagert sind frühe Kommentare zum Kunstbetrieb: Sein Meisterdieb (1958) lässt die hingespritzten Action-Paintings im Museum zurück, die schönen Rahmen aber nimmt er mit.

Auch die Architekturentwicklung begleitete Ironimus durchgängig belustigt. Im Bild Röhrenarchitektur (1981) würgt sich ein Fabriksgebäude selbst, bis es aus allen Löchern dampft, Zwei Kästen von 1967 übt Kritik an fantasielosen Blockbauten. "Ich bin für Architektur mit Humor und Sinnlichkeit", sagt Peichl. Heute würden aber "Kästen gebaut, die ausschauen wie Bienenwaben". Das strittige Hochhaus am Wiener Heumarkt sei nur eines davon.

Zeichnen statt Computer

Pessimistisch will Peichl nach neun Lebensjahrzehnten dennoch nicht auf die Welt blicken. "Ich bin Optimist – grundsätzlich." Und es gebe auch junge Architekten, die ihm Hoffnung machen würden. "Wichtig ist aber, dass sie selbst zeichnen und nicht der Computer". Beispielhaft sei etwa der Salzburger Thomas Wizany, der bei Peichl studierte und heute selbst Architektur mit Karikatur verbindet.

Der politmediale Trubel, in den sich Peichl stets gerne eingemischt hat, lässt ihn auch mit 90 nicht ganz los. Kollegen, Politiker, die ORF-Seitenblicke, alle machen ihm ihre Aufwartung. 12.000 Karikaturen hat Peichl bis heute gezeichnet, viele davon in der Presse, für die er von 1954 bis zum partiellen Ruhestand 2014 tätig war.

"Leute, die ich mögen hab', zeichne ich oft und meistens auch sehr gut. Wenn ich jemanden nicht mochte, hab' ich ihn einfach gar nicht oder zumindest schlecht gezeichnet", sagt Peichl. "Mögen" habe er jedenfalls den Bruno Kreisky, nur einen von elf Kanzlern, die er gezeichnet hat. Auch den jetzigen könne er gut leiden. "Zum Zeichnen ist er mir nur fast zu schön – trotz der interessanten Ohren." (Stefan Weiss, 5.3.2018)