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Tausende kamen zum Begräbnis der Ermordeten Ende vergangener Woche.

Foto: AP/Bundas Engler

Straßburg/Bratislava/Wien – Der Mord an dem slowakischen Enthüllungsjournalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten weckt nach ersten innenpolitischen Schockwellen auch das Interesse der EU. Eine Delegation des Europaparlaments wird noch diese Woche in der Slowakei erwartet. Die Abgeordneten wollen dort Informationen über Hintergründe der Tat sammeln.

Slowakischen Medienberichten zufolge sollen Mitglieder der Ausschüsse für Haushaltskontrolle sowie für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres in der Delegation vertreten sein. Das bestätigte auch der tschechische EU-Abgeordnete Tomás Zdechovský, der in beiden Ausschüssen sitzt.

Es besteht nämlich der Verdacht, dass die Morde in Zusammenhang mit Kuciaks letzten Recherchen stehen, in denen es um Kontakte der italienischen Mafia zu höchsten Regierungskreisen in Bratislava ging. Dabei soll es um Betrug beim Beziehen von EU-Fördergeldern gehen. Sollte sich diese These erhärten, wäre das eben auch für den Haushaltskontrollausschuss des Europäischen Parlaments von Interesse.

Kuciak und seine Verlobte waren am Sonntag vor einer Woche östlich von Bratislava erschossen aufgefunden worden. Nachdem bekannt geworden war, womit sich Kuciak zuletzt befasst hatte, wurden sieben Personen – laut slowakischen Medienberichten Italiener, die in Kuciaks Unterlagen vorkommen – festgenommen. Mittlerweile sind alle wieder auf freiem Fuß.

Regierungskoalition wackelt

Innenpolitisch geraten Premier Robert Fico und seine sozialdemokratische Partei Smer immer mehr unter Druck. Die liberale Koalitionspartei Most-Híd hatte Innenminister Robert Kalinák (Smer), der selbst häufig unter Korruptionsverdacht stand, zum Rücktritt aufgefordert. Nachdem dieser sich geweigert hat, will Most-Híd am 12. März über den Verbleib in der Dreierkoalition mit Smer und der Slowakischen Nationalpartei (SNS) beraten. Am Freitagabend hatten tausende Slowaken in mehreren Städten Trauerkundgebungen abgehalten und den Rücktritt der Regierung gefordert.

Am Sonntag wurden Kuciak und seine Verlobte in ihren Hochzeitsgewändern bestattet. Die beiden 27-Jährigen wollten im Mai heiraten. (Gerald Schubert, 5.3.2018)