In der Aminosäure Arginin sehen Wiener Forscher einen möglichen Schlüssel zur Entwicklung neuer Behandlungen für Rheumatoide Arthritis und Multiple Sklerose (MS). Im Rahmen des an der Medizinischen Universität Wien eröffneten Christian Doppler(CD)-Labor für Argininmetabolismus will man in den kommenden sieben Jahren Fortschritte erzielen. Dazu stehen insgesamt 1,2 Millionen Euro bereit.

In den von der Christian Doppler Gesellschaft (CDG) genehmigten CD-Labors kooperieren Wissenschafter mit Unternehmen im Bereich der anwendungsorientierten Grundlagenforschung. Die Kosten teilen sich die öffentliche Hand und Industriepartner zu gleichen Teilen. An der Entschlüsselung des Argininstoffwechsels arbeiten die Wiener Forscher um Laborleiter Gernot Schabbauer vom Institut für Gefäßbiologie und Thromboseforschung der MedUni Wien mit Unterstützung der Firma Bio Cancer Treatment International aus Hongkong.

Fluch und Segen

Bei Arginin handelt es sich um eine Aminosäure, die sowohl Segen als auch Fluch sein kann. Sie wird einerseits im Körper gebildet und andererseits über Erbsen, Kürbiskerne, Walnüsse oder Hühnerfleisch aufgenommen und fungiert gewissermaßen als "Zell-Treibstoff", heißt es in einer Aussendung. Auf der anderen Seite kann Arginin bei Vorliegen bestimmter Erkrankungen auch zu unerwünschtem Zellwachstum oder einer übertriebenen Reaktion des Immunsystems beitragen.

Die Aminosäure hilft dem Körper dabei, sich von zu viel Stickstoff zu befreien, indem in der Leber das gefährliche Ammonium in harmlosen Harnstoff umgewandelt wird. Hier spielt das Enzym Arginase eine wichtige Rolle, wie Schabbauer erklärte. "Erst in den vergangenen Jahren hat man auch entdeckt, dass Teile des Harnstoffzyklus und eben auch die Arginase in der Regulation der Immunantwort eine wichtige Rolle spielen", so der Wissenschafter.

Es zeigte sich auch, dass manche Immunzellen besonders stark von Arginin abhängig sind. Während bei "normalen Vorgängen" im Körper jenes Arginin ausreiche, das die Zellen selbst produzieren, gibt es Umstände, wo der Körper deutlich mehr davon verbraucht – so etwa bei Infektionen, bei Krebserkrankungen oder bei Autoimmunerkrankungen wie Rheumatoider Arthritis und bei Multipler Sklerose.

Clearing von Zellen

An dieser Stelle setzen Schabbauer und sein Team an: "Wir können die Arginase verwenden, um quasi den Organismus oder die Zelle von Arginin freizumachen." Auf diese Weise wollen die Forscher die Erkrankungen sozusagen aushungern. Die Wiener Gruppe konnte bereits zeigen, dass manche Immunzellen besonders Arginin-abhängig sind, sagte Schabbauer.

Bis durch die Gabe von rekombinater Arginase eine Arginin-Diät angestoßen und tatsächlich Erkrankungen beim Menschen ins Visier genommen werden können, sei es allerdings noch ein weiter Weg. Im Tiermodell konnten Symptome jedoch bereits gelindert werden. Im Rahmen der anstehenden Grundlagenforschung wolle man genau aufklären, welche Mechanismen hinter dieser Wirkung stehen. Die Wissenschafter erhoffen sich dadurch auch andere Eingriffspunkte zu identifizieren, mit denen noch gezielter Krankheitsverläufe gemildert werden können. Das würde neue Optionen zur Therapie von Rheumatoider Arthritis, Multipler Sklerose oder anderer Autoimmunerkrankungen ermöglichen. (APA, 5.3.2018)