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Luigi Di Maio gibt sich als gemäßigter Pragmatiker – und steht gleichzeitig für den Zickzackkurs seiner Fünf-Sterne-Bewegung.

Foto: AP Photo/Andrew Medichini

Seine Ministerliste hatte Luigi Di Maio letzte Woche schon einmal vorsorglich an Staatspräsident Sergio Mattarella geschickt. Sie umfasste insgesamt 17 Namen – darunter seinen eigenen in der Funktion des neuen Ministerpräsidenten, die übrigen Ministerkandidaten waren weitgehend unbekannte Persönlichkeiten. Offen blieb bei der Liste auch, wer die Kandidaten ausgesucht hatte und nach welchen Kriterien – ein ewiges Problem bei den Grillini. Es war aber eigentlich auch egal – die Ministerliste war von der politischen Konkurrenz ohnehin bloß als "Farce" und "Politkabarett" abgetan worden. Nun ist zumindest einer der Namen auf der Liste, jener von Di Maio, plötzlich sehr aktuell geworden: Bei der Regierungsbildung wird er ein entscheidendes Wort mitreden.

Bis zu seiner Wahl ins Parlament im Frühjahr 2013 war Di Maio wie seine Ministerkandidaten ebenfalls ein politisch völlig unbeschriebenes Blatt gewesen; auch sein Bildungs-Curriculum präsentierte sich übersichtlich. Der politische Jungstar aus Pomigliano d'Arco in Kampanien hat keinen Beruf gelernt und auch kein Studium abgeschlossen; vor seinem Einzug ins Parlament jobbte er unter anderem als Steward im Fußballstadion von Neapel sowie als Kurier und als "Webmaster". Für viele politische Gegner ist Di Maio die fleischgewordene Inkompetenz und Ignoranz. "Bevor er ins Parlament gewählt wurde, ist Di Maio noch mit Papas Taschengeld Pizza essen gegangen", spottete Kampaniens Regionalpräsident Vincenzo De Luca.

Institutionelles Gesicht der Grillini

Das trifft die Sache ziemlich gut – aber politische Kompetenz ist in der Fünf-Sterne-Truppe noch nie besonders hoch im Kurs gestanden: Beppe Grillo und Di Maio punkten wie alle Populisten mit aggressiven Angriffen gegen die traditionellen Parteien, die sie – im Fall von Italien nicht immer ohne Grund – als korrupt und mafiös verunglimpfen. Di Maio ist immerhin einer der wenigen Exponenten der Protestbewegung, die sich auch einmal eine Krawatte umbinden: Der adrette Süditaliener ist der Dressman und das institutionelle Gesicht der Grillo-Populisten. Gleichzeitig gilt der Sohn aus einem postfaschistischen Elternhaus als Vertreter des rechten Flügels innerhalb der zwischen extrem links und extrem rechts oszillierenden Protestbewegung.

Insgesamt gibt sich Di Maio als gemäßigter Pragmatiker. Als Premierkandidat hatte er in den vergangenen Monaten auch die Nähe der Unternehmer gesucht, die er etwa mit der Aussage zu beruhigen versuchte, dass der von Übervater Beppe Grillo propagierte Euroaustritt für ihn nur "das letzte Mittel" wäre. Das ist nicht das einzige Beispiel für den oft atemberaubenden Zickzackkurs des 31-Jährigen und seiner Bewegung. Im vergangenen Jahr hatte Di Maio als Erster den "Taxidienst" der privaten Flüchtlingsretter im Mittelmeer kritisiert; anschließend ist er zurückgerudert und hat erklärt, dass eine kontrollierte Einwanderung für das überalterte Italien wichtig sei.

Möglicher Premier

Bei den Konsultationen anlässlich der Regierungsbildung bei Staatspräsident Mattarella, die Ende März beginnen werden, muss Luigi Di Maio keine Ministerliste mitnehmen – als Spitzenkandidat der größten Fraktion in beiden Parlamentskammern hat er solche Theatralik nicht mehr nötig. Sollte Italien künftig von einer Koalition mit Beteiligung der Grillini regiert werden, könnte er sehr wohl seinen Anspruch auf das Amt des Premiers anmelden. Den Spott der politischen Gegner bräuchte Di Maio nicht mehr zu fürchten: Denen ist das Lachen gestern gründlich vergangen. (Dominik Straub aus Rom, 5.3.2018)