Gigantischer Sonnenfleck auf einer Aufnahme der Nasa von Oktober 2014.

Foto: NASA/SDO

Magnetische Struktur der Atmosphäre eines Sonnenflecks während der Beobachtungen.

Grafik: IWF/ÖAW

Belfast/Graz – Einem Rätsel der Sonnenforschung ist ein internationales Forscherteam mit Beteiligung des Instituts für Weltraumforschung (IWF) in Graz nähergekommen: Wie die Wissenschafter in "Nature Physics" berichten, ist ihnen der Nachweis für eine Aufheizung der Sonnenatmosphäre durch Plasmawellen gelungen. Den Grazer Forschern zufolge ist das ein Durchbruch in der Beantwortung einer Frage, die die Wissenschaft seit Jahrzehnten beschäftigt.

Obwohl auf der Sonnenoberfläche (Photosphäre) "nur" einige Tausend Grad Celsius herrschen, erreicht die höhere Sonnenatmosphäre (Korona) Temperaturen von bis zu einer Million Grad Celsius. Wie das koronare Plasma aufgeheizt wird, konnte bisher allerdings nicht restlos geklärt werden.

Um das dünne Gas in der Korona weiter aufzuheizen, wäre grundsätzlich nicht viel Energie erforderlich, nach wie vor ist aber der Mechanismus unklar, der die Energie in die Korona hineinpumpt und verteilt. Seit Langem vermuten Forscher, dass dafür sogenannte Alfvén-Wellen verantwortlich sein könnten. Diese nach dem schwedischen Physiker und Nobelpreisträger Hannes Alfvén benannten Plasmawellen entstehen durch Schwingungen der magnetischen Feldlinien und könnten einer gängigen These zufolge die Wärme auf die elektrisch geladenen Teilchen der Korona übertragen.

Schockwellen in der Chromosphäre

Die Alfvén-Wellen seien zwar seit mehr als einem halben Jahrhundert ein Schwerpunkt der Laborplasmaphysik und der Astrophysik, ihr direkter Nachweis in der Sonnenatmosphäre ist jedoch schwierig, berichten die Forscher um Samuel D. T. Grant vom Astrophysics Research Centre der britischen Queen's University Belfast. Grant und Kollegen haben nun die ersten Beobachtungen dafür vorgelegt, dass Alfvén-Wellen das Plasma in der Übergangsschicht (Chromosphäre) zwischen Photosphäre und Korona durch die Bildung von Schockfronten erhitzen.

Der Nachweis ist durch simultane, hochauflösende Beobachtungen eines Sonnenflecks aus dem Jahr 2014 mithilfe des Dunn Solar Telescope (USA) und des Solar Dynamics Observatory der US-Weltraumbehörde Nasa gelungen. Diese Daten konnte das internationale Forscherteam auswerten. Laut dem IWF-Forscher und Studien-Koautor Teimuraz Zaqarashvili war der beobachtete starke Temperaturanstieg während der Wellenausbreitung ein klares Indiz für die Energieumwandlung. "Die Beobachtung von Alfvén-Schockwellen ist der Schlüssel für die Lösung des Rätsels, wie das koronale Plasma aufgeheizt wird", so Zaqarashvili.

Das im Bau befindliche US-amerikanische Daniel K. Inouye-Sonnenteleskop (DKIST) auf dem Hawaii-Vulkan Haleakala werde laut den Autoren die Feinstruktur der Schockwellen weiter enthüllen und eine tiefgehendere Bewertung der Rolle von Alfvén-Schocks bei der globalen solaren atmosphärischen Erwärmung ermöglichen. Die Forscher des IWF erhoffen sich auch durch die geplante "Solar Orbiter"-Mission weitere Erkenntnisse. Im Rahmen dieser Esa-Mission soll die Sonne und die Heliosphäre aus dem Abstand von etwa 45 Sonnenradien unter die Lupe genommen werden. Das IWF wurde mit der Antennenkalibrierung beauftragt, baut den Bordcomputer für das Radiowelleninstrument und ist Ko-Investigator beim Magnetometer. (APA, red, 6.3.2018)