Der Nationale Volkskongress besteht aus etwa 3.000 Mitgliedern. Am Montag begann in Peking seine mehr als zweiwöchige Jahrestagung.

Foto: Imago / Xinhua / Lan Hongguang

Chinas legendärer Ministerpräsident Zhu Rongji traf sich einst mit Dutzenden seiner Minister zu Einzelgesprächen, um von ihnen die Unterstützung für seine Strukturreformen innerhalb der Regierung zu gewinnen. "Nicht einer von ihnen zeigte die aktive Bereitschaft, sein Ministerium aufzugeben", erinnerte Zhu sich mehr als ein Jahrzehnt später in seinem Buch "Reden des Premiers" frustriert. Die erfolglosen Gespräche hätten ihn zudem extrem erschöpft, sagte Zhu im Rückblick.

Der Modernisierer bereitete damals die größte Verwaltungsreform seit der Kulturrevolution vor. Er wollte 15 Ministerien abschaffen und aus 40 Regierungsinstitutionen 29 Kommissionen und Ministerien neu bauen. Zhu stellte seine Pläne auf dem Volkskongress im März 1998 vor. Vier Millionen vom Verlust ihres Arbeitsplatzes betroffene Funktionäre reagierten mit Panik, Zhus Reform scheiterte.

20 Jahre später steht ein erneuter, noch radikalerer Versuch, zu einer schlanken und effizienten Regierung zu kommen, auf der Tagesordnung des Volkskongresses, der am Montag in Peking begonnen hat. Die Details werden noch unter Verschluss gehalten. Doch nach im Netz kursierenden, unbestätigten Reformentwürfen, plant Peking, seine derzeit 27 Ministerien und Dutzende Regierungskommissionen auf 19 Großbehörden und neun Kommissionen zu reduzieren.

Beamte zittern um Jobs

Dutzende Einzelministerien sollen dabei zusammengeschlossen werden und ähnliche Funktionen anderer Ämter übernehmen. In gleicher Weise soll auch die Parteibürokratie mit ihrem Ämterdschungel sowie der Militärbereich durchforstet, seine Verwaltungseinheiten neu gebündelt und integriert werden. Ein Zeitplan wird nicht genannt. Sollten die Pläne umgesetzt werden, müssten erneut Millionen Staatsangestellte um ihren Arbeitsplatz bangen. China besitzt die größte und schwerfälligste Bürokratie der Welt mit 7,6 Millionen Staatsbeamten und 64 Millionen vom Staat bezahlten Angestellten.

Online schlägt das Reformvorhaben bereits hohe Wellen. Ministerpräsident Li Keqiang widmete ihm in seinem 45-seitigen Regierungsbericht aber nur einen Absatz, als er die Parlamentstage in der Großen Halle des Volkes eröffnete. Er versprach "umfassend die Effizienz und Wirkung der Regierungsarbeit zu erhöhen, dazu die Aufstellung der Regierungsorgane und ihre Funktionen zu optimieren und die institutionellen Reformen zu vertiefen."

Präsident auf Lebenszeit

Der Premier hielt sich aus gutem Grund zurück, obwohl das Parlament bereits am 13. März über die offiziell noch geheim gehaltenen Änderungen unterrichtet wird. Denn das Vorhaben ist Chefsache des KP-Vorsitzenden und Staatspräsidenten Xi Jinping. Er verlangt vom diesjährigen Volkskongress, eine Verfassungsänderung zu billigen, die ihm die Option gibt, auf Lebenszeit in China regieren zu können.

Um seine großen Pläne umzusetzen, braucht er auch eine moderne Verwaltung. Seine Absicht ist es, schlanke und schlagkräftige Institutionen aufzubauen, um das heutige China zur Weltmacht entwickeln zu können. Und das bedingt eben auch eine Kampfansage an die eigene Bürokratie.

Es ist bereits der siebte Versuch, Chinas Bürokratie zu verschlanken. Zum ersten Mal reduzierte der Staatsrat 1982 die Zahl seiner Ministerien und Kommissionen von 100 auf 61 und seiner Beamten von 51.000 auf 30.000. Dann schwoll die Bürokratie wieder an. 1988 wurden die wieder 67 Behörden auf 60 reduziert. 1993 waren es wieder 86, die auf 59 zusammengelegt wurden. Chinas Bürokratie erhöhte sich allen Reformen zum Trotz jedes Jahr um eine Millionen Beamte und Angestellte, fand die Zeitschrift Phoenix heraus.

Parteiführung stärken

Das ZK lässt in seinem Beschluss zu den neuen Reformen keinen Zweifel daran, dass es ihm nicht nur um mehr Effizienz geht. "Vordringliches Ziel vertiefter Reformen der Verwaltungsstrukturen in den Partei- und Staatsinstitutionen ist es, die Führung der Partei in jedem Bereich zu stärken." Das gilt auch für den Volkskongress, wo sich Premier Li in seinem knapp zweistündigen Vortrag gleich 13 Mal auf die Anweisungen von Partei- und Staatschef Xi Jinping bezog. (Johnny Erling aus Peking, 5.3.2018)