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Wolfgang Feiersinger (im Duell mit Bayerns Carsten Janker) spielte vier Jahre für den BVB.

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Mit dem Nationalteam erreichte Feiersinger die WM 1998.

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St. Johann in Tirol – Wolfgang Feiersinger traut Salzburg im Europa-League-Achtelfinale gegen Borussia Dortmund einiges zu. "Das wird sicher eine enge Kiste", meint der 53-Jährige. Feiersinger, ein eleganter Libero mit Offensivqualitäten, spielte von 1996 bis 2000 für Dortmund. 1997 gewann er mit dem BVB die Champions League, ausgerechnet im Finale jedoch kam er nicht zum Zug: Taktische Überlegungen von Trainer Ottmar Hitzfeld verbannten ihn im Endspiel gegen Juventus auf die Tribüne.

Seinen Ex-Klub verfolgt er weiterhin und konstatiert: "In Dortmund läuft es nicht so rund. In der Defensive haben sie Riesenprobleme. Wenn man die fordern kann, besteht eine Chance." Für entscheidend hält Feiersinger einen selbstbewussten Salzburger Auftritt im Hinspiel am Donnerstag (19 Uhr, live Puls 4). "Wenn sie mit Überzeugung hinfahren, werden sie Dortmund auch auswärts in Verlegenheit bringen können." Die nötige Klasse sei vorhanden, "wer einen spanischen Erstligisten ausschaltet, kann auch einen deutschen ausschalten".

In der ersten K.-o.-Runde hatten die Salzburger gegen Real Sociedad das bessere Ende für sich. Nun muss sich die Mannschaft aber auf eine atemberaubende Kulisse einstellen. Die Stimmung in Dortmund stellt Feiersinger noch über jene in Madrid oder Barcelona. "Dortmund ist für mich die schönste und größte Fußballbühne – nicht nur in Europa, sondern auf der Welt."

Stögers Schadensbegrenzung

Das Kommando hat dort seit Dezember sein früherer Nationalteam-Kollege Peter Stöger. "Ich schätze an ihm seit langer Zeit seine menschlichen Vorzüge", sagt Feiersinger. "Er kann ein ganz Großer werden, wenn er das nicht schon ist." Auf längere Sicht könnte es beim Revierklub dennoch schwierig werden, denn die Ansprüche sind hoch. "In Dortmund sind die Leute mit einem knappen Sieg nicht zufrieden sind. Die wollen begeisternden Fußball wie unter Klopp oder teilweise Tuchel."

Dabei sei es Stöger nach seiner Amtsübernahme gut gelungen, Schadensbegrenzung zu betreiben. "Beim Verein ist einiges im Argen gelegen. Die Einkaufspolitik der letzten Jahre hat mir nicht gefallen", kritisiert Feiersinger, der für den BVB 57 Einsätze in der Bundesliga absolvierte. Vor allem in der Offensive verfüge man aber nach wie vor über herausragende Spieler. Der wiedergenesene Marco Reus etwa mache das Team noch einmal eine Klasse stärker.

Salzburger Erfolge trotz schwächelnder Liga

Mit der österreichischen Bundesliga hat Feiersinger, seit neun Jahren Hüttenwirt, nicht so viel am Hut. Ihr fehle es an Qualität. Das werde besonders an den Wiener Großklubs Rapid und Austria deutlich, denen es nicht gelingt, Salzburg zu fordern: "Wenn sich die nicht vom Rest der Liga abheben, ist das traurig. Das ist schon ein bisschen ein Dilemma."

Umso bemerkenswerter sei es, dass sich der Serienmeister international gut präsentiert. Mittlerweile stehe zwar Leipzig im Fokus von Red Bull, Salzburg mache aus den verbliebenen Möglichkeiten jedoch viel: "Sie haben einen guten Trainer. In der Akademie wird gut gearbeitet. Sie bringen Leute heraus, die die Abgänge kompensieren können."

Kurz nach dem Einstieg des Getränkekonzerns war Feiersinger von 2006 bis 2008 selbst als U17-Trainer in der Akademie tätig. An diese Zeit hat der 46-fache Internationale keine guten Erinnerungen. "Keiner hat gewusst, wer anschafft. Es war ein Kommen und Gehen." Mittlerweile sei aber Ruhe eingekehrt. Die Geduld mache sich bezahlt. "Sie haben eine Philosophie gefunden, und die zieht sich durch."

Erinnerungen an ein Wunder

In der Europa League sei vieles möglich. "Vielleicht gibt es wieder ein Salzburger Fußballmärchen", spielt Feiersinger auf den legendären Durchmarsch der damaligen Austria ins Finale des Uefa-Cups gegen Inter Mailand im Jahr 1994 an. Er stand damals selbst im Ensemble von Trainer Otto Baric, kam dort als offensiver Mittelfeldspieler zum Einsatz. Schlüsselmoment sei der Aufstieg im Achtelfinale gegen Sporting Lissabon gewesen. "Da ist etwas mit unserem Bewusstsein passiert. Da haben wir gesehen, wir sind genauso gut wie die und können mithalten."

2018 könnte das Aha-Erlebnis Dortmund heißen. Als Salzburger würde sich Feiersinger über ein Weiterkommen freuen – auch wenn er seine größte Zeit beim BVB verbracht hat. "Das Stadion, die Stimmung, das vergisst man nie."

Zuletzt war Feiersinger, dessen Tochter Laura Stammkraft in Österreichs Frauen-Nationalmannschaft ist, vor zwei Jahren als Zuschauer im Westfalenstadion. Der einstige Abwehrstar hat sich in St. Johann in Tirol ins Privatleben zurückgezogen. Die Bewirtschaftung der Hochwildalm in den Kitzbüheler Alpen hat er mit Jahresende aufgegeben – aus gesundheitlichen Gründen. Feiersinger laboriert an Herzproblemen. Im Dezember 2013 war er beim Bruno-Pezzey-Gedenkturnier zusammengebrochen. (APA, red, 6.3.2018)