Der französische Präsident Emmanuel Macron will den EU-Motor mit neuen Milliardeninvestitionen anwerfen

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Auch wenn Emmanuel Macron in Zukunft nicht mit Italien rechen kann: In Angela Merkel hat er weiter eine starke EU-Partnerin.

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Emmanuel Macron will die EU retten – so wie er Frankreich auf Trab gebracht hat. Noch am Sonntagmorgen schien ihm das Glück zu winken: Das Ja der deutschen Sozialdemokraten zu einer großen Koalition in Berlin lag ganz auf seiner europapolitischen Linie. Wie die SPD will der französische Präsident den EU-Motor mit neuen Milliardeninvestitionen anwerfen. In Paris freute sich Wirtschaftsminister Bruno Le Maire bereits auf die Zusammenarbeit mit Angela Merkels neuem Finanzminister Olaf Scholz.

Doch schon am Sonntagabend folgte die kalte Dusche aus Italien, als sich der Wahlsieg der EU-Gegner Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung abzeichnete. Macron hatte fest auf die Rückenhilfe aus Südeuropa gesetzt, um seine kostenaufwendigen Pläne auch gegenüber deutschen Sparpolitikern durchzubringen.

Jetzt muss er seine Allianz mit Rom, die indirekt Druck auf Berlin ausüben sollte, wohl in den Wind schreiben: So können die Franzosen den deutschen Freunden keine Konzessionen abringen und diese wohl auch nicht für Macrons Idee für ein Eurobudget mit eigenem Finanzminister begeistern.

Initiativen zerpflückt

Zuletzt musste Macron schon schmerzhaft realisieren, dass seine Avancen in Brüssel kaum mehrheitsfähig sind: Zwei französische Initiativen wurden von den EU-Partnern zerpflückt: zuerst die Entsenderichtlinie für rumänische oder bulgarische "Fremdarbeiter" und dann die höhere Umsatzbesteuerung von IT-Riesen wie Facebook oder Apple.

Nicht nur aus Italien, sondern auch aus Nordeuropa ist neuer Widerstand gegen die französischen Pläne für "mehr Europa" zu erwarten. Unter Federführung der Niederlande haben sich acht skandinavische und baltische Länder plus Irland zu Wort gemeldet: Sie wollen Beschlüsse zur Währungs- oder Bankenunion nicht dem deutsch-französischen Führungstandem überlassen, sondern verlangen Verhandlungen in einem "inklusiven Format" – das heißt mit Rücksicht auf alle.

In der Sache richtet sich der niederländische Premier Mark Rutte vor allem gegen die französische Absicht, Ausgaben und Schulden zu vergemeinschaften. Wobei der liberale Holländer von Paris nicht einfach übergangen werden kann: Er verfügt im eigenen Land über die gleiche politische Legitimation wie Macron, die extreme Rechte an den Wahlurnen gebändigt zu haben.

"Die extreme Mitte"

Für Macron verdüstern sich nicht nur die europapolitischen Aussichten. Seine EU-Pläne waren ein zentraler Bestandteil seiner nationalen Wirtschaftspolitik: Mit Spar- und Strukturreformen will er aufseiten der Rechten punkten, mit einer Steigerung der Ausgaben im Euroraum aufseiten der Linken.

Mit dieser "Politik der extremen Mitte" (so der Philosoph André Perrin) sucht er seinen politischen Coup der Präsidentschaftswahlen von 2017 zu wiederholen und bei den EU-Wahlen 2019 die Blöcke im Parlament von Straßburg zu sprengen.

Statt die großen Blöcke der Christdemokraten (EVP) und Sozialdemokraten (S&D) im EU-Parlament aufzubrechen, droht Macron von ihnen selbst an die Wand gedrängt zu werden. Aber auch wenn er europapolitisch in die Defensive gerät, hat Macron noch eine Trumpfkarte: Angela Merkel. Vereint haben sich Deutschland und Frankreich in Brüssel noch immer durchgesetzt. (Stefan Brändle aus Paris, 8.3.2018)