Frauen denken Dinge klarer durch, überprüfen Vorhaben lieber dreimal, bevor sie etwas überhasten.

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Wien – Ein eigenes Unternehmen zu gründen gewinnt bei Frauen zunehmend an Beliebtheit. Fast die Hälfte der heimischen Firmen werden bereits von Frauen ins Leben gerufen. Einzig die Start-up-Branche hinkt diesbezüglich stark hinterher. Digitale und schnell wachsende Unternehmen sind eine Männerdomäne. Der Anteil von weiblichen Start-up-Gründern wird auf unter zehn Prozent geschätzt.

Dabei wäre es vermessen, zu behaupten, Frauen seien Gründungsmuffel. Laut einer aktuellen Studie der KMU-Forschung Austria liegt bei "herkömmlichen Unternehmensgründungen" der weibliche Anteil bei 44,5 Prozent, fast 60 Prozent, wenn die Personenbetreuerinnen (Pflegepersonal) dazugezählt werden. Das ist ein Anstieg von zwölf Prozent gegenüber dem Jahr 2000.

Verlangen nach Sicherheit

Doch woran fehlt es in der Welt des schnellen Skalierens und der innovativen Produkte? "Frauen denken Dinge klarer durch, überprüfen Vorhaben lieber dreimal, als sie zu überhasten. Bei Männern ist das anders", sagt Tanja Sternbauer, Mitgründerin der Initiative Female Founders. Dazu komme ein ganz anderes Sicherheitsbewusstsein: "Frauen sind lieber auf der sicheren Seite, weniger risikofreudig, das bremst natürlich."

Negative Auswirkungen hat eine derartige Entschleunigung aber nicht zwangsweise, wie die Studie zeigt. Weiblich geführte Unternehmen bewegen sich zu einem Drittel in der Umsatzgrößenklasse von 100.000 Euro, bei von Männern geführten sind es rund 60 Prozent. 2013 bis 2016 verzeichneten fast die Hälfte der Unternehmerinnen Umsatzzuwächse, bei Männern waren es 37 Prozent. Im Detail: Frauen verzeichnen häufiger Umsatzzuwächse, diese fallen aber meist niedriger aus als jene von Männern. Umgekehrt fallen Umsatzeinbußen bei Männern deutlich höher aus. Das bestätigt die oft zitierte Annahme, dass von Frauen geführte Unternehmen langsamer, aber stabiler wachsen.

Fehlendes Selbstbewusstsein

Ein größeres Problem sieht Sternbauer beim Selbstbewusstsein: "Gründerinnen trauen sich meist weniger zu, als sie eigentlich könnten. Kaum eine blickt über die heimischen Grenzen hinaus. Männer denken in größeren Dimensionen." Zudem hätten schon Studentinnen Bedenken, ob sich Start-up- und Familiengründung vereinbaren lassen.

Einen wesentlichen Unterschied macht außerdem die Branchenwahl. Start-ups im klassischen Sinn werden überwiegend in den Bereichen IT und industrieller Produktion gegründet. Eine Studie des Wissenstransferzentrums Ost (WTZ Ost) besagt aber, dass Frauen tendenziell in den Bereichen Kunst und Kultur, Medien- und Kreativwirtschaft oder Consulting und Marketing gründen. Derartige Firmen definieren sich eher über eine Marke als über eine technische Lösung.

Risikoaversion

Weibliche Risikoaversion zeigt sich überdies in der Wahl der Finanzierung. Hier kommt wieder das Sicherheitsbewusstsein ins Spiel. Frauen greifen primär auf Erspartes zurück oder überziehen den Rahmen ihres Kontos. Weit weniger Bedeutung haben Kredite, öffentliche Förderungen oder Beteiligungsfinanzierungen. Männer setzen viel eher auf diese Form der Kapitalbeschaffung.

Möglicherweise hat das wohlüberlegte Verhalten mit dem Bildungsstand der Gründerinnen zu tun. Die Unternehmerinnenstudie zeigt, dass Gründerinnen zu den gebildetsten Bevölkerungsgruppen zählen. Ein Drittel der selbstständigen Frauen hat einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss, ein Viertel hat eine Lehre abgeschlossen. Bei den Männern schlossen dagegen 39 Prozent eine Lehre ab, und rund 27 Prozent haben ein Uni- oder FH-Diplom. (Andreas Danzer, 8.3.2018)