Forscher auf dem Gletscher des Bergs Sutai in der westlichen Mongolei.
Foto: Jigjidsurengiin Batbaatar/University of Washington

Seattle – Vor etwa 20.000 Jahren erreichte die bislang letzte Kaltzeit ihren Höhe- bzw. Tiefpunkt. In dieser Phase nahm die Vergletscherung auf der Nordhalbkugel ihre größte Ausdehnung an – das ist zumindest das Bild, das man aus Europa und Nordamerika gewohnt ist. Andere Gletscherregionen folgten diesem Trend aber nicht, berichten nun Forscher der University of Washington im Fachmagazin "Quarternary Science Reviews".

Das Team um Jigjidsurengiin Batbaatar untersuchte die Ausdehnung eiszeitlicher Gletscher auf dem Gebiet der heutigen Mongolei und bediente sich dabei einer Methode, die in den vergangenen Jahrzehnten laufend verbessert worden ist: Analysiert werden dabei die Gesteinsbrocken aus Moränen, die von Gletschern abgelagert wurden. Isotopenanalysen geben Aufschluss darüber, wann dieses Gestein erstmals von kosmischer Strahlung getroffen wurde, nachdem es zuvor von Eis bedeckt gewesen war. Damit kann man den Zeitpunkt feststellen, an dem sich der Gletscher zurückzuziehen begann.

Bis heute sichtbares Eiszeit-Erbe: Überall in der Landschaft haben Gletscher Moränen hinterlassen.
Foto: Jigjidsurengiin Batbaatar/University of Washington

Das Ergebnis war auf den ersten Blick so überraschend, dass die Forscher die Messung gleich wiederholten. Offenbar waren die mongolischen Gletscher in der Phase, in der die Eisflächen global ihren Rekordwert erreichten, kleiner als zuvor oder danach. Einige der untersuchten Gletscher in der Region hatten ihre größte Ausdehnung einige zehntausend Jahre vor dem eiszeitlichen Höhepunkt erreicht. Andere wuchsen ein paar tausend Jahre später an, als die Welt sich gerade kräftig erwärmte.

Das klingt paradox, ist laut den Forschern aber leicht zu erklären. Anders als beispielsweise die Alpengletscher, die in einer relativ warmen und feuchten Klimazone liegen, befinden sich die Gletscher der mongolischen Gebirgszüge in einer äußerst trockenen Umgebung. Ansteigen der Kälte führt bei ihnen nicht notwendigerweise zu weiterem Wachstum, weil sie in ihren Höhenlagen ohnehin schon tiefgekühlt waren.

Entscheidend ist für sie lediglich die Niederschlagsmenge – und da der Höhepunkt der Eiszeit mit großer Trockenheit einherging, konnten sie Masseverluste nicht mehr ausgleichen und schrumpften daher. Diese Masseverluste wiederum sind nicht auf Abschmelzen zurückzuführen: Solche hochgelegenen und nur sehr langsam wachsenden Gletscher erreichen nie Regionen, in denen es zu nennenswerter Schmelze kommt. Vielmehr sublimiert das Eis durch Sonneneinstrahlung, verdampft also in kleinem, aber stetigem Ausmaß.

Wärme kann das Eis wachsen lassen

Vergleichbare Bedingungen findet man laut Batbaatar unter anderem auch in Tibet oder in den Anden. Man solle also nicht überrascht sein, wenn solche Gletscherregionen im Zuge der Erderwärmung zu wachsen beginnen: Die wärmere Luft wird größere Feuchtigkeitsmengen zu ihnen tragen und die Eismassen verstärken, die durch ihre kalten Höhenlagen gegen Abschmelzen noch lange geschützt sind. (jdo, 12. 3. 2018)