Der kleine Ort Radovici in Montenegro bekommt einen komplett neuen Ortskern – und wird in das Development Lus tica Bay integriert, einem ägyptischen Milliardär sei Dank.

Foto: Lustica Bay
Foto: Lustica Bay

Sieben Hotels, rund 2000 Apartments, Villen und Townhouses, zwei Marinas und ein Golfplatz – um diese Immobilien soll der kleine Ort Radovici, auf einer Landzunge vor der malerischen Schmetterlingsbucht in Montenegro, wachsen. Nur 20 Kilometer entfernt hat man vorgezeigt, wie es nicht gehen soll: Die Bettenburgen von Budva betonieren die Hässlichkeit in die Landschaft, der gesamte Küstenabschnitt – komplett verschandelt.

Ort wird integriert

Radovici hat einen anderen Anspruch. Das 600-Seelen-Dorf bekommt heuer einen neuen Ortskern, Centrale nennt er sich und ist die zweite große Phase in einer einzigartigen "Stadtentwicklung".

Centrale wird das neue Herz von Lustica Bay, so nennt sich das für heuer anstehende Development, das den bestehenden Ort Radovici integriert. Hier soll es eine Schule geben, eine Klinik, ein Schwimmbad und Tennisplätze, Infrastruktur wie eine Tankstelle und eine Post sowie neue Feuerwehr- und Polizeigebäude. Dazwischen 20.000 m² öffentliche Plätze, Fußgängerzonen, und natürlich Wohnmöglichkeiten in verschiedenen, aber durchaus auch erschwinglichen Preiskategorien.

Deal mit ägyptischem Milliardär

Wie sich das der kleine Ort leisten kann? Gar nicht. Der Deal läuft so: Das Privatunternehmen des ägyptischen Milliardärs Samih Sawiris, Orascom, hat das Land rund um den bestehenden Ort gekauft und versprochen, das Nest zu einer funktionierenden modernen (Tourismus-)Gemeinde zu machen. Für den Staat Montenegro ist das Projekt von höchster Bedeutung, weshalb er mit zehn Prozent an der Unternehmung beteiligt ist. Montenegros erster richtiger Golfplatz entsteht hier etwa, zudem will das Land keine weiteren Bettenbomber haben.

Ein Lokalaugenschein zeigt: Es funktioniert. Die erste Phase direkt am Meer ist fast fertiggestellt, wenngleich mit Verzögerungen, doch das ist Samih Sawiris aus anderen Projekten wie in Andermatt gewohnt. Marina Village nennt sich dieser Teil, und es sieht fast eins zu eins aus wie in den Renderings. Nicht ganz so steril freilich, überhaupt gab der Milliardär die Maxime aus, dass der Ort in fünf Jahren so "gebraucht" wirken soll, als ob er immer schon da war.

Käufer trotz fehlender Infrastruktur

Die Architektur liefert dafür beste Voraussetzungen: Kein Haus gleicht dem anderen, steile Gassen wechseln sich mit Stiegen und engen Verbindungswegen ab, und Parkplätze sind im felsigen Untergrund versteckt. Selbst in der Zwischensaison macht sich hier schon lebendiger Alltag breit, was sogar die Projektverantwortlichen verwundert: "Wir haben hier noch absolut nichts an Infrastruktur, kein Geschäft, kein Restaurant, gar nichts", gibt Slavica Milic, Marketingmanagerin bei Lus tica Bay, offen zu. Bis jetzt wurden 250 Einheiten verkauft, 16 der gebauten Wohnungen sind noch frei. Die Kosten liegen zwischen 245.000 Euro für ein Studio und 780.000 Euro für eine Wohnung mit drei Schlafzimmern. Die Käufer kommen aus 35 Nationen und nutzen die Wohnungen zumeist selbst, so Milic, weil wenige davon in den von Orascom angebotenen Rental-Pool zur Weitervermietung gelangen.

800 Villen mit Golfplatz

Centrale spricht eine andere Schicht an. Hier kann man bereits ab 2700 Euro pro Quadratmeter zu Eigentum kommen, es gibt Grundrisse mit Flächen zwischen 45 m² bis 110 m². Das soll neben Touristen auch rund 1000 permanente Einwohner anlocken, die den Ort während der Zwischensaison lebendig halten. Nachdem der Neoortskern gebaut ist, soll der Golfplatz mit rund 800 Villen, Apartments bzw. Townhouses folgen, und erst in der letzten Phase geht Orascom die High-End-Villen im etwas abgelegenen Bereich Hillside an. Wann das sein wird? Entwaffnend ehrlich antwortet Milic: "Mal schauen." Bei so einem Riesenprojekt mit einer Gesamtinvestitionssumme von rund 1,2 Milliarden Euro wäre es unseriös zu behaupten, man könne so genau vorausplanen.

Ähnliches Projekt Porto Montenegro

Ob das Ganze am Ende klappt? Das weiß keiner, die Investoren sind gleichzeitig die Betreiber der neuen Stadt, was darauf schließen lässt, dass sie sich sehr genau die Nutzungsphase und die verbauten Qualitäten überlegen. Und dass ein so gigantisch wirkendes Vorhaben umsetzbar ist, hat Orascom bereits mehrfach bewiesen, etwa in Ägypten, wo Sawiris mit El Gouna und Taba Heights komplette Städte aus dem Nichts erschuf.

Und irgendwie erinnert Lustica Bay an das Vorzeigeprojekt Porto Montenegro, das nur wenige Minuten entfernt liegt. Vor zehn Jahren war dort, wo sich heute eine stimmungsvolle Promenade mit durchmischter Gastronomie für jedes Geldbörsel findet, nichts außer ein heruntergekommener Militärhafen. Bei Lustica Bay wird aber in die Landschaft gebaut." Natürlich! Aber glauben Sie mir, erstens minimieren wir das schon allein aufgrund der Kosten, und zweitens dürfen wir gar nicht mehr als neun Prozent der Fläche verbauen", meint Milic. "Die Natur ist unser Asset, damit unterscheiden wir uns von Porto Montenegro." Leistbare Wohnungen für Einheimische sucht man dort ebenfalls vergeblich. (Heimo Rollett aus Radovici, 11.3.2018)