Simeon Sakskoburggotski, Ex-König und Ex-Premier.

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Sofia/Brüssel – Nichts und niemand kann den Optimismus von Simeon Borissow Sakskoburggotski erschüttern: "Ich glaube nicht, dass die Europäische Union zerbrechen könnte. Schauen Sie sich doch nur den Brexit an und die Schwierigkeiten, die es dabei gibt", sagt er, "viele sind verzweifelt. Das zeigt, dass die Union zusammenhalten muss." Seiner Ansicht nach gilt das auch bzw. gerade, weil Großbritannien im nächsten Jahr austreten wird.

In zwei Monaten wird dieser Mann mit einer sehr sanften Stimme, der im Gespräch immer wieder in französische Ausdrücke abgleitet, 81 Jahre alt. Aber er betont im Gespräch mit dem STANDARD, dass er viel zu tun habe – nicht zuletzt wegen der EU und weil sein Heimatland derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat. Die Regierung in Sofia hat ihn gebeten, als eine Art "Botschafter" seiner Heimat und ihrer komplizierten langen Geschichte mitzuhelfen.

Dazu ist Sakskoburggotski, so sein bürgerlicher Name, mit seinem Wissen und seiner Berufs- und Lebenserfahrung wohl geeignet wie kaum jemand, obwohl er den größten Teil seines Lebens im Ausland – im Exil in Syrien, Ägypten, Spanien und Portugal – verbracht hat: Denn Simeon war einst König von Bulgarien, sechs Jahrzehnte später dann Premierminister, der in Brüssel die EU-Beitrittsverhandlungen geführt und sein Land zum EU-Mitglied ab 2007 gemacht hat. Ein Unikum der Historie. 1937 in Sofia geboren, wurde der Sohn von Zar Boris III. 1943 mit sechs Jahren König, ein Jahr später noch unter deutscher Besatzung nach Syrien gebracht. Den Thron war er dann 1946 unter sowjetischer Besatzung los. Nach der Wende 1989 kehrte der Adelige aus dem Haus Sachsen-Coburg nach Bulgarien zurück, gründete eine Partei, gewann im skandalgebeutelten Land 2001 die Mehrheit, wurde Regierungschef, der erste König/Zar der Welt, der das zustande brachte.

Gemeinsames Europa "einzige Lösung"

Bei einer solchen Lebensgeschichte verwundert es nicht wirklich, dass er "das gemeinsame Europa" auch als "die einzige Lösung" für den Kontinent sieht: "Ich bin ein überzeugter Europäer", betont er oft, das habe ihn "Erzherzog Otto gelehrt", der verstorbene Otto Habsburg, der viele Jahre EU-Abgeordneter war.

Von Krisen dürfe man sich nicht abbringen lassen, meint Sakskoburggotski, man solle nur im Auge behalten, wie lange Amerika gebraucht habe, um zu den Vereinigten Staaten zu werden. Die Union brauche daher im Moment vor allem eines: "Geduld, Geduld, Geduld. Krisen lösen sich nur langsam." Sein Land würde jedenfalls alles tun, um den Zusammenhalt zu fördern, "eine riesige Herausforderung", betont er. Dass nicht nur die politische Führung, sondern auch die Bulgaren selbst im Vergleich zu anderen mittel- und osteuropäischen Staaten ganz besonders EU-freundlich sind, führt er nicht nur auf die hohen Förderungen durch die EU zurück. "Der Grund ist, dass die Bulgaren sich so lange völlig isoliert gefühlt haben. Wir waren ausgesperrt aus Europa, obwohl wir immer Europäer waren", erklärt er. Daher sei auch die Freude so groß gewesen, als man nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wieder "in die Familie zurückgekehrt ist".

Sakskoburggotski warnt davor, in den Fehler zu verfallen, "die Osteuropäer in einen Topf zu werfen". Mit der EU-skeptischen Haltung, wie Polen oder Ungarn sie gerade an den Tag legten, könne man in Sofia nichts anfangen. Auf der anderen Seite sei er "begeistert, welch positive Entwicklung die Menschen im Baltikum, etwa in Estland, zustandegebracht haben, das ist fantastisch", sagt der Ex-König und Ex-Premier.

Österreich könnte eine wichtige Rolle spielen: "Die Hälfte der Union liegt östlich von Österreich, die andere westlich. Und es gibt eine Affinität zwischen Österreich und Bulgarien", sagt er und erinnert sich, dass Kanzler Schüssel ihm bei den Beitrittsverhandlungen "sehr geholfen hat". Was heute tun? "Wir müssen weitermachen, sollen nicht ständig sagen, alles bricht zusammen." (Thomas Mayer, 10.3.2018)