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Conor Lamb (re.) will "das Land voranbringen", auch wenn er dafür Trump Erfolg wünschen muss.

Foto: Antonella Crescimbeni/Pittsburgh Post-Gazette via AP

Washington – Conor Lamb war Soldat bei der Marineinfanterie, er war Staatsanwalt, er plädiert für ein starkes Militär sowie für starke Gewerkschaften und sagt über sich selbst, er habe keinerlei Scheu, über seinen katholischen Glauben zu reden. Von einem Verbot von Schnellfeuergewehren, wie es manche seiner demokratischen Parteifreunde nach dem Blutbad an einer Highschool in Parkland fordern, hält er nichts. "Es gibt nicht die eine Sache, die wir mit einem Federstrich lösen oder verbieten könnten", zieht er sich mit Worten aus der Affäre, die an einen Sprecher der Waffenlobby denken lassen. Die Importzölle auf Stahl und Aluminium, wie Donald Trump sie verfügte, findet er angemessen. China habe den Markt zu lange mit billigem Stahl geflutet, "diese Zölle sind überfällig".

Dem Parteibuch nach ist Lamb Demokrat, doch bei seinen Auftritten inszeniert er sich so, dass er in manchen Punkten auch als Republikaner durchgehen könnte. Ein unabhängiger Kopf, der sich keiner Parteiführung verpflichtet fühlt, sondern allein den Interessen seiner Wähler. Lamb, der Lokalpatriot, könnte man sagen.

Hoffen auf Überraschung

Wenn am Dienstag im 18. Kongressdistrikt Pennsylvanias ein frei gewordener Sitz im Repräsentantenhaus zu vergeben ist, hofft der 33-Jährige auf eine Überraschung. Er hofft den Konservativen ein Mandat abzunehmen, das sie für sich gepachtet zu haben glaubten. Der bisherige Abgeordnete, Tim Murphy, muss den Politikbetrieb verlassen, nachdem bekannt geworden war, dass er eine schwangere Geliebte per SMS zur Abtreibung drängte, obwohl er in der Öffentlichkeit den strikten Abtreibungsgegner gab. Murphys konservativer Ersatzmann, der 60 Jahre alte Rick Saccone, ist ein eher farbloser Typ, der sich bis dato mit einem Sitz im Bundesstaatenparlament begnügte und den jenseits der Grenzen Pennsylvanias kaum jemand kennt.

Lamb gegen Saccone – unter normalen Umständen wäre es kein Rennen, das für Schlagzeilen sorgen würde. Dass es anders ist, liegt an Trump. Als der US-Präsident Zölle auf Stahl- und Aluminiumlieferungen beschloss, spielte auch innenpolitisches Kalkül eine Rolle. Nicht zufällig geschah es in dem Moment, in dem der Wahlkampf im Südwestzipfel Pennsylvanias auf Touren kam. Der 18. Kongressbezirk, die Gegend südlich von Pittsburgh, ist "Steel Country", einst eine Hochburg der Stahlbranche und heute der Inbegriff des Rust Belt, des Rostgürtels der alten, vielerorts abgewanderten Industrie.

Trump als Arbeiterführer

Dort hat Trump im November 2016 das Duell gegen Hillary Clinton mit 22 Prozent Vorsprung gewonnen, in der Rolle des Arbeiterführers, der versprach, die Schlote wieder rauchen zu lassen und im Übrigen mit aller Härte gegen ausländische Konkurrenz vorzugehen. So gründlich sich die Metropole Pittsburgh gewandelt hat – mittlerweile sind Banken, Versicherungskonzerne und Krankenhäuser ihre größten Arbeitgeber –, in den Tälern in ihrem Umkreis traf er mit seiner robusten Rhetorik des "America first" einen Nerv. Auch unter ehemaligen Stammwählern der Demokraten, vor allem in den Reihen der weißen Arbeiterschaft.

Falls es Lamb gelingt, den Trump-Effekt des Jahres 2016 gewissermaßen rückgängig zu machen und die Republikaner zu besiegen, wäre es eine kleine Sensation. Zudem wäre es ein Fingerzeig, welcher Rezepte sich die Demokraten im Rust Belt bedienen müssten, um beim anstehenden Kongressvotum im Herbst die vor acht Jahren verlorengegangene Mehrheit im Parlament zu Washington zurückzuerobern. Und es sieht nicht so aus, als wäre Lamb chancenlos.

Folgt man den Umfragen, zeichnet sich zwischen ihm und Saccone ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Während sein konservativer Widersacher mit dem Slogan wirbt, er sei schon Trump gewesen, "bevor Trump Trump war", hütet sich der Demokrat, auf einen Konfrontationskurs gegen den Mann im Oval Office einzuschwenken. "Wir müssen das Problem attackieren, nicht die andere Seite", sagt er. Dem Präsidenten sei Erfolg zu wünschen, wenn das Land vorankommen wolle. (Frank Herrmann aus Washington, 12.3.2018)