Kiel – Der Golfstrom ist so etwas wie die Zentralheizung Europas: Seine Strömung versorgt Europa mit etwa so viel Wärme wie die von 250.000 Kernkraftwerken. Seit mehreren Jahren warnen Forscher davor, dass der Golfstrom aufgrund des Klimawandels zum Erliegen kommen könnte. Und genau das legen nun auch Daten nahe, die von Marilena Oltmanns (Geomar in Kiel) und Kollegen erhoben wurden.

Die Temperatur und der Salzgehalt des Meerwassers sind entscheidende Faktoren, die das System der globalen Ozeanströmungen antreiben. Warmes und salzhaltiges Wasser, das in hohe Breiten gelangt, kühlt dort an der Oberfläche ab, wird schwerer und sinkt in die Tiefe. Diesen Prozess nennt man Konvektion. In der Tiefe strömt das Wasser zurück Richtung Äquator und zieht neue Wassermassen nach. Tiefreichende Konvektion findet nur in wenigen Regionen statt, unter anderem in der Irminger See östlich von Grönland und in der Labrador See westlich davon.

Schematische Darstellung des Golfstroms, ...

Doch was passiert, wenn zusätzliches Frischwasser, zum Beispiel von abschmelzenden Gletschern Grönlands, in dieses System gerät? Modellrechnungen zeigen, dass durch die dann geringere Dichte des Oberflächenwassers eine Schwächung des Strömungssystems eintreten könnte, aktuelle Beobachtungsdaten bestätigten dies bisher jedoch nicht.

Erstmals beobachteter Zusammenhang

Die neuen Daten zeigten nun aber doch einen deutlichen Zusammenhang zwischen atmosphärischen Bedingungen, Sommertemperaturen über der Irminger See, der Menge des Frischwassers dort und der Konvektion im folgenden Winter. "Wenn in ohnehin wärmeren Perioden besonders warme Sommer mit viel Frischwasser auftraten, gab der Ozean im folgenden Winter weniger Wärme ab. Das bedeutete, dass die im Sommer entstandene Frischwasserschicht länger stabil blieb und daher die Konvektion später einsetzte", sagt Oltmanns.

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... der durch Schmelzwasser aus Grönland irritiert werden könnte.
Foto: Reuters

Typischerweise wird durch die Konvektion das Frischwasser in die Tiefe abtransportiert. Da die Konvektion in einigen Jahren erst sehr spät einsetzte, verblieb ein hoher Anteil an Frischwasser nahe der Oberfläche und wurde im folgenden Sommer durch neu eintreffendes Frischwasser ergänzt. "Dieser Effekt könnte sich langfristig aufaddieren und so eine erhebliche Schwächung der Konvektion bedeuten – besonders bei global steigenden Durchschnitttemperaturen", so die Ozeanographin.

Die Folgen für das Klima in Europa wären jedenfalls fatal. (red, 13.3.2018)