Jens Spahn hat sich mit Äußerungen zu Hartz IV heftiger Kritik ausgesetzt.

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Berlin – Kurz vor dem Antritt der neuen Bundesregierung hat der designierte Gesundheitsminister Jens Spahn hat mit seinen Bemerkungen über Hartz-IV-Bezieher eine parteiübergreifende Debatte ausgelöst. Während Politiker von SPD und Grünen sowie seiner eigenen Partei CDU die Äußerung am Montag kritisierten, dass der Bezug von Hartz IV keine Armut bedeute, sprang ihm FDP-Chef Christian Lindner bei. Spahn hatte unter anderem gesagt, auch ohne Tafeln müsse in Deutschland niemand hungern. Der Bezug von Hartz IV-Geld bedeute, dass "jeder das" habe, "was er zum Leben braucht".

Der designierte Arbeitsminister Hubertus Heil sagte der Nachrichtenagentur Reuters: "Unser Land braucht keine hartherzigen Statistikdebatten, sondern sozialen Zusammenhalt." Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, kritisierte im "Handelsblatt", Spahn habe den Bezug zur Lebenswirklichkeit verloren. Der CDU-Politiker hatte in der vergangenen Woche gesagt, Hartz IV bedeute nicht Armut. Zudem stellte er die Notwendigkeit der Tafeln infrage, die Menschen mit Essen versorgen.

SPD betont Sozialstaat

Der SPD-Politiker Heil, der als Arbeits- und Sozialminister für das Thema zuständig sein wird, forderte, Menschen am Existenzminimum neue Chancen zu geben. "Genau dafür werde ich sorgen: für einen Sozialstaat, auf den sich Menschen gerade auch in Zeiten des Wandels verlassen können."

Die Generalsekretäre von CDU und SPD verwiesen darauf, dass man im Koalitionsvertrag beschlossen habe, die Situation von Hartz-IV-Beziehern zu verbessern. "Spahn hat bei den Koalitionsverhandlungen nicht genug aufgepasst", sagte der SPD-Politiker Lars Klingbeil im ZDF. Es sei dort ein Paket gegen Kinder- und Altersarmut verabredet worden.

Seine CDU-Kollegin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte dagegen im ZDF, Spahn habe zurecht darauf verwiesen, dass Hartz IV das Existenzminimum abdecke. Allerdings fügte sie hinzu: "Ich warne immer etwas davor, wenn Menschen, die so wie er oder ich gut verdienen, versuchen zu erklären, wie man sich mit Hartz IV fühlen sollte."

CDU-Arbeitnehmer für Erhöhung

Der CDU-Arbeitnehmerflügel forderte Verbesserungen. In die Berechnung der Regelsätze müsse eine Reserve für Reparaturen oder für nicht verschreibungspflichtige Medikamente eingebaut werden, sagte Bäumler. Wer am Rande des Existenzminimums leben müsse, sei arm. Der CDU-Politiker sprach sich für einen höheren Hartz-IV-Satz aus. Eine Erhöhung um 60 Euro im Monat würde dem tatsächlichen Existenzminimum eher gerecht. Der Hartz-IV-Regelsatz beträgt für einen Erwachsenen 416 Euro. Zusätzlich werden die Kosten für eine Wohnung übernommen.

Lindner sprang Spahn bei. "Natürlich kann man davon leben. Wenn man von Hartz IV nicht sein Existenzminimum bestreiten könnte, dann würden wir im Nachhinein das komplette und totale Versagen von Frau Nahles hier zu Protokoll geben müssen", sagte er in Anspielung auf die bisherige Arbeitsministerin. Das Existenzminimum werde anhand von Statistiken festgelegt. (Reuters, 12.3.2018)