Alpbachh 1956: Der spätere Bundeskanzler Bruno Kreisky mit den Forumsgründern Otto Molden und Simon Moser. In der Lederhose Fritz Molden.

foto: archiv europäisches forum alpbach/wolfgang pfaundler

Als Sohn der Dichterin Paula von Preradović und des Herausgebers und Chefredakteurs der "Neuen Freien Presse" Ernst Molden wurde er in eine großbürgerliche Wiener Familie hineingeboren. Die Monarchie war gerade im Begriff zu verfallen. Als Verantwortlicher des "Grauen Freikorps", einer antinazistischen, katholisch-konservativen Schüler- und Studentenorganisation, beteiligte er sich in den 1930er Jahren an Aktionen gegen die illegalen Nationalsozialisten. Auch nach dem "Anschluss" leisteten er und sein Bruder Fritz Widerstand gegen den NS-Terror. Um einer Haftstrafe zu entgehen, meldete er sich freiwillig zur Wehrmacht, 1945 desertierte er. Vor allem in den letzten Kriegsmonaten hatten die Brüder Molden enge Verbindungen zum Provisorischen Österreichischen Nationalkomitee (POEN). Otto Molden verarbeitete seine Erfahrungen später in seiner Doktorarbeit "Ruf des Gewissens – der österreichische Freiheitskampf 1938-1945".

Traum einer freien europäischen Gemeinschaft

Eine der nachhaltigsten Initiativen Moldens war die Gründung der "Internationalen Hochschulwochen", gemeinsam mit dem Innsbrucker Philosophiedozenten Simon Moser. Schon kurz nach Kriegsende fand im Sommer 1945 das erste Dialogforum für Wissenschaft und Politik, Kunst und Wirtschaft, das heute unter dem Namen "Europäisches Forum Alpbach" firmiert, erstmals in dem Tiroler Bergdorf statt. Es war Moldens Traum, eine freie europäische Gemeinschaft von Intellektuellen zu gründen. Alpbach nannte er den "Gründungsort Europas" sowie den ersten Versuch, "die Voraussetzungen für ein Europa zu schaffen, in dem die großen Ideen, die hier von Anfang an wirksam waren, neu verarbeitet und gestaltet werden sollten". Er leitete das Forum bis 1960 und war 1971 bis 1992 erneut Präsident des Vereins "Österreichisches College", seiner Trägerorganisation.

Land der Berge

Auch seine Mutter, Paula von Preradović, trug zum Gelingen des Wiederaufbaus bei: Im April 1946 beschloss die Regierung Figl I, den Text für die zukünftige Hymne der Zweiten Republik mittels eines Preisausschreibens – es lockten 10.000 Schilling – zu ermitteln. Die 1.800 Einsendungen entsprachen allerdings nicht den Vorstellungen der Jury, sodass gezielt österreichische Künstlerinnen und Künstler angesprochen wurden mit der Bitte, einen Text zur inzwischen als Melodie beschlossenen "Freimaurerkantate" zu dichten. Im Februar 1947 trugen die Wiener Sängerknaben vor Beginn des Ministerrats die letzten beiden Vorschläge im Rennen vor. Letztlich wurde das textlich leicht abgeänderte Gedicht "Land der Berge" Preradovićs zur Hymne, die wenige Wochen später erstmals im österreichischen Radio erklang. Eine Originalabschrift des heute teilweise umstrittenen Textes wird ab November 2018 im Haus der Geschichte Österreich in der Neuen Burg zu sehen sein.

Gegen das "Proporzregime"

Doch damit nicht genug der politisch-patriotischen Aktivitäten Moldens: 1960 gründete er die österreichische Sektion der Europäischen Föderalistischen Partei. Anlässlich der Nationalratswahl 1962 forderte die Partei auf Plakaten "Schluss mit dem Proporzregime, wählt Otto Molden und sein Team", erreichte allerdings nur 0,5 Prozent der Stimmen. Mit dem katholisch-konservativen Kandidaten Josef Kimmel überzeugte die EFP bei der Bundespräsidentenwahl 1963 vier Prozent der Wählerschaft. 2002 starb Otto Molden, im 58. Jahr des Bestehens "seines" Europäischen Forums Alpbach. Anlässlich seines hundertsten Geburtstags stelle ich mir vor, wie Molden nach dem diesjährigen Forum zum Thema "Diversität und Resilienz" das Bergdorf mit einem Rucksack voller Ideen wieder verlässt und – angesprochen auf sein Forum – antwortet: "Ich würde es heute wieder tun." (Monika Sommer, 13.3.2018)