Wien – Der nach einer Messerattacke auf eine Familie in Wien-Leopoldstadt festgenommene Afghane macht laut seiner Anwältin einen "psychisch beeinträchtigten Eindruck". "Er redet von Teufelsmenschen und Teufelsfrauen", sagte Astrid Wagner, die den Verdächtigen gemeinsam mit Wolfgang Blaschitz vertritt, am Dienstag. Zur Tat machte er bisher keine schlüssigen Angaben.

"Teufel" hätten den 23-Jährigen nicht nur verfolgt, sondern auch seine Familie in Afghanistan angerufen und ihn "bei ihr schlechtgemacht", sagte Wagner. Deshalb habe er sich auch das Messer besorgt. Zu den Attacken – neben der Familie ging er auch auf einen anderen Afghanen los – machte er bisher keine Angaben. "Er kann sich zu der Tat nicht rational äußern", so Wagner.

Islamistischer Hintergrund dürfte nicht vorliegen

Bei der ersten Einvernahme bei der Polizei machte der Verdächtige allerdings klare Angaben zu seinem Motiv. Er gab damals an, aufgrund seiner widrigen Lebensumstände "wütend" gewesen zu sein.

Der 23-Jährige verlangte laut Wagner auch nach einem Koran. Einen islamistischen Hintergrund dürfte die Tat aber nicht haben. Der Mann sei zwar gläubig, aber nicht besonders. "Er ist religiös, aber so, wie manche Menschen in Ausnahmesituationen römisch-katholisch werden", sagte die Verteidigerin.

Generell habe sie den Eindruck, dass ihr Mandant eher psychiatrisch untergebracht werden müsste. "Ich bin aber natürlich keine Psychiaterin, aber es wirkt nicht gespielt", meinte die Verteidigerin. Mehr Aufschlüsse sollen das psychiatrische und das toxikologische Gutachten bringen.

Am Montag hat der Mann einen Suizidversuch unternommen, die Justizwachebeamten wurden aber rechtzeitig darauf aufmerksam und konnten einschreiten. Nach einem kurzen Aufenthalt im Krankenhaus wurde er wieder in die Justizanstalt Wien-Josefstadt gebracht.

Vorwürfe gegen Justiz und Innenministerium

In der aktuellen Ausgabe der Wiener Wochenzeitung "Falter" kritisiert Peter Hacker, Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien, das Bundeamt für Asyl und Fremdenwesen stark. Die Messerattacke habe an den "Fall Ottakring" erinnert, allerdings habe man daraus nichts gelernt, obwohl damals eine Sonderkommission eingesetzt wurde.

Ein Obdachloser hatte am 4. Mai 2016 eine 54-Jährige am Ottakringer Brunnenmarkt mit einer Eisenstange erschlagen. Er litt seit mehreren Jahren an einer paranoiden Schizophrenie, die unbehandelt geblieben war. Am Markt war der Mann als Unruhestifter bekannt bzw. gefürchtet. Schon 2015 hatte er eine Frau mit einer Eisenstange attackiert. Mehrfach hatte die Polizei mit ihm zu tun, allein für die Staatsanwaltschaft war er nicht greifbar, sondern zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben. Bis zum 4. Mai war der Obdachlose auf freiem Fuß.

"Entgegen der Ankündigung, die Erkenntnisse (der Soko, Anm.) dem Parlament vorzulegen, ist rein gar nichts passiert", sagte Hacker dem "Falter". Jetzt sei wieder genau das passiert, was man in der Soko festgestellt habe: "Dass die Justiz und das Innenministerium schlecht zusammenarbeiten." Schon bei der ersten Verurteilung des Afghanen sei klar gewesen, dass dieser ein Drogenproblem habe.

"So ein Bursche muss eine Therapie bekommen. Und wenn wir finden, dass er keine Therapie braucht, weil er eh kein Asyl bekommen wird, dann müssen wir ihn abschieben", wird Hackl in der Wochenzeitschrift zitiert. "Wir schieben gehörlose Mädchen und brave Lehrlinge ab, aber solche Burschen überlassen wir sich selbst." (APA, red, 13.3.2018)