Es wird längst nicht nur für Sex "geswiped", sagt der Tinder-Produktchef.

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Wer nach unkompliziertem Spaß im Bett sucht, "swiped" sich am besten ans Ziel. Das jedenfalls besagt eine gängige Annahme über die Smartphone-App Tinder. Trotz – oder wegen – dieser Wahrnehmung hat sich die 2012 erschienene App zu einem Renner entwickelt. Doch das "Schmuddelimage" ist nicht berechtigt, meint Produktchef Brian Norgard gegenüber Horizont.

Norgard stieß kurz nach der Gründung zum Unternehmen. Er war unter anderem mitverantwortlich für die Entwicklung von Features wie "Super Likes" oder der neuesten Bezahlfunktion "Tinder Gold", in der Nutzer einsehen können, wer sie "geliked" hat.

"Großes Missverständnis"

Dass Tinder den Ruf einer App für schnellen Sex hat, sieht er als "großes Missverständnis in der Szene." Die User würden die Plattform aus unterschiedlichen Motiven nutzen. So ginge es häufig einfach nur um Freundschaft, Anschluss in einer neuen Stadt oder die Suche nach einem langfristigen Partner.

Keine Datenweitergabe, aber...

Immer wieder gab es bei Tinder Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes, zumal man selbst weitreichende Analysen über das Verhalten der eigenen Nutzer anstellt. Dieser Nachfrage begegnet Norgard ausweichend und betont lediglich, dass die Privatsphäre der Nutzer "sehr wichtig" sei und man keine Daten an Dritte weitergeben würde.

Jedoch soll es sehr einfach sein, Fotos und Profiltexte automatisiert abzugreifen. Entsprechende Vorfälle haben in der Vergangenheit bereits für Kritik gesorgt, etwa als ein Entwickler einen Datensatz mit den Profildaten zehntausender Nutzer öffentlich für Forschungszwecke zur Verfügung stellte.

Kreatives Marketing

Bekannt ist das Unternehmen auch für unkonventionelles Marketing. So unterstützte man etwa die Tierschutzorganisation Ol Pejeta vor einigen Jahren mit einem Tinder-Profil für Sudan, dem letzten lebenden weißen Breitmaulnashorn der Welt. Zuletzt startete man eine Kampagne für interkulturelle Emoji-Pärchen. Weitere "interessante Aktionen" sollen laut Norgard folgen. In der Anfangszeit soll Tinder jedoch vor allem dank Mund-zu-Mund-Propaganda massiv gewachsen sein.

Dass andere Firmen und auch Parteien Tinder für eigene Werbezwecke nutzen, sieht der Produktchef gelassen. Von "Millenials" werden derlei Kampagnen gut akzeptiert und man selbst sei aufgrund der guten Einnahmen durch abonnementbasierte Features sehr unabhängig von "klassischen Werbekunden". (red, 14.03.2018)