Die zehn "Mini-Organe" arbeiteten rund einen Monat lang zusammen.

Foto: MIT/Felice Frankel

Die Kombination aus Mensch und Elektronik birgt einige Versprechen für die Zukunft. Das beweisen etwas Implantate, die Blinden wieder ein wenig Sehvermögen bescheren oder elektronische Helfer, die taube Menschen hören lassen. In der Popkultur gibt es die Vision der "kybernetischen" Verbesserungen ohnehin schon lange. Und auch so manches IT-Unternehmen betreibt Entwicklungen in diese Richtung.

Doch es gibt in diesem Feld auch weitere, spannende Ansätze. Forschern des Massachussetts Institute of Technology (MIT) ist nun ein Schritt in Richtung "Mensch auf Computerchip" gelungen, berichtet New Scientist.

System reagiert ähnlich wie menschlicher Körper

Was nach den Anfängen einer Klonfabrik aus einer dystopischen Vision klingt, könnte künftig eine wichtige Rolle in der medizinischen Forschung einnehmen. Die Wissenschaftler schufen einen Chip mit spezialisierten Komponenten, auf dem zehn "Mini-Organe" miteinander verbunden wurden. Auf kleinen 3D-Modellen wurden dazu Gewebezellen verschiedener menschlicher Organe – Lunge, Darm, Gebärmutter, Leber, Herz, Hirn, Bauchspeicheldrüse, Niere, Haut und Muskeln – aufgetragen, vermehrt und schließlich miteinander verbunden.

Das so entstandene System wurde mit einer Nährstofflösung "gefüttert" und überlebte vier Wochen lang. Man konnte beobachten, dass die kleinen Organe begannen, sich ähnlich ihrer "ausgewachsenen" Versionen zu verhalten, indem sie ähnliche Proteine erzeugten.

Man führte zudem Tests durch und stellte fest, dass etwa bei der Anwendung des Schmerzmittels Diclofenac auf den "Mini-Darm" auch die anderen Pseudo-Organe ähnlich reagierten, wie es im menschlichen Körper geschehen würde.

Erweiterungen geplant

Es handle sich freilich nur um eine "minimale Repräsentation eines Menschen", betont Forschungsleiterin Linda Griffith. Bis zum "Menschen am Chip" sei es noch "ein langer Weg." Im nächsten Schritt will man Fettzellen in das Modell integrieren, da diese bei der Verarbeitung von Schmerzmitteln eine wichtige Rolle spielen. Geplant ist auch die Einbindung von verschiedenen Bakterien in den Darm, um dessen Funktion als Lebensraum für selbige besser zu verstehen.

Auch ein kleines Abbild des Gebärmutterhalses soll folgen, der die Erforschung von unterschiedlichen Infektionen ermöglichen würde. Angedacht wird auch die Untersuchung der Parkinson-Krankheit, die über eine Erweiterung des Systems möglich wäre. Langfristig könnten auf Chips gezüchtete Organe dazu beitragen, Tierversuche obsolet zu machen oder auch die Notwendigkeit für Medikamententests an Menschen reduzieren.

Das Forschungsprojekt läuft seit 2011. Finanziert wird des von der US Defence Advanced Research Projects Agency (DARPA). Diese hat dafür eine Unterstützung in der Höhe von 37 Millionen Dollar gewährt. Das Paper zum aktuellen Versuch wurde in Nature Scientific Reports veröffentlicht.

Forscher arbeiten auch an virtuellen Organen

Neben diesem Ansatz gibt es auch Vorstöße, die auf virtuelle Abbilder menschlicher Organe abzielen. 2012 schufen US-Wissenschaftler eine Simulation des menschlichen Herzens auf dem Supercomputer Sequoia.

Zwei Jahre später ließen japanische Forscher auf dem damals viertschnellsten Supercomputer der Welt eine Sekunde der menschlichen Gehirnaktivität erzeugen – was 40 Minuten an Rechenzeit benötigte. Auch andere Organe wurden bereits "virtualisiert". Hier gibt es ebenfalls die Perspektive, dass akkurate Computermodelle künftig Tests an realen Organen zumindest teilweise ablösen können. (red, 26.03.2018)