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Pro
von Christoph Prantner

Alles zu seiner Zeit. Wohl wahr. Aber Zeit ist ja nie. Erst recht nicht, seit wir – Augen geradeaus – mit Vollgas durch die Ära der Selbstoptimierung und Selbstdarstellung brausen. Und wenn wir endlich fertig gefacebookt, getwittert, genetworkt und gesocializt haben, kann das Analoge schon einmal ins Hintertreffen geraten sein. Anders gesagt: Oft hat dann auch schon der Interspar Pronto am Hauptbahnhof zu.

Aber das Schöne an der neuen Welt ist, dass es die benzinbetriebene alte auch noch gibt. So eine einladend gestaltete Tankstelle hat ja alles. Diesel (den anderen). Exquisite Ziegel geschmorten Leberkäsebetons. Gut durchgeweichte Extrawurstsemmeln. Chips. Gummibärchen. Powerbrausen. Auch Milch für den Kaffee. Oder Dosenkaffee. Das macht weniger Arbeit. Denn Zeit ... eh schon wissen.

Und dann ist da noch das Soziale. Was jenseits von Zapfsäulen und nachtschlafenden Shopping-Erlebnissen sonst noch so alles zu erfahren ist – unbezahlbar. Das sehen Geschäftszeiten-Menschen, selbst wenn sie gelegentlich Scheibenwischflüssigkeit nachfüllen, nie im Leben. Danke, Tanke!

Kontra
von Sigi Lützow

Gewiss, eine Tanke, die mehr zu bieten hat als Sprit, ein wenig Öl, Wasser, einen Schlauch voll Druckluft, ein Wasserklosett und freundliche Worte, kann nützlich sein. Etwa westlich von Santa Fe, wenn die letzte Kippe längst verglüht, die letzte Dose geleert ist und der eigene Atem mit dem Motor trocken um die Wette rasselt, aber noch immer gut dreihundert Meilen offen sind. Oder im australischen Outback, wenn ein riesiges Loch im Bauch die frischeren Tierkadaver, die flachgefahren auf dem Highway in der Sonne brutzeln, als akzeptable Labung erscheinen lässt.

Solcher Oasen, mit Treibstoff für die Kamele, Atzung für die Reiter und Trost für die der Monotonie des Weges überdrüssigen Augen, bedarf es in Österreich nicht, schon gar nicht in Ballungsräumen.

Da reichte es vollkommen, wenn sich die Mineralölverschleißer auf ihr Kerngeschäft konzentrierten, dafür fair kalkulierten und nicht auch noch Speis und Trank und Hygieneartikel zu überhöhten Preisen feilböten rund um die Uhr. Sie verleiten nur zu ungesundem Konsum an unwirtlichen Orten zu nachtschlafender Zeit. (RONDO, 26.6.2018)

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