Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Angela Merkel am Mittwoch zum vierten Mal zur deutschen Bundeskanzlerin ernannt.

Foto: APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ

Dass diesem Anfang (vierte Amtszeit von Angela Merkel) ein besonderer Zauber innewohnt, lässt sich nicht zwingend behaupten. Die Stimmung im deutschen Bundestag wirkt eher routiniert-gelöst; auch das feierliche Vorlesen aller Abgeordnetennamen im Vorfeld der Merkel-Wahl ist naturgemäß kein Thriller. Das Ritualfest der Demokratie verbreitet allerdings einen wichtigen Charme der Friedfertigkeit.

Zudem hat n-tv den TV-Schirm gespalten. Die eine Hälfte zeigt Abgeordnete, die andere präsentiert Gesprächspartner. FDP-Chef Christian Lindner etwa, der forsch wird: "Die AfD ist die größte Oppositionspartei, aber nicht die stärkste!" – und überhaupt: "Die plumpen Parolen der AfD wird die Kanzlerin locker weglachen!" Lindner selbst lacht nicht, ein junger Abgeordneter schon. Er ist froh, bei dieser geheimen Wahl "Angela Merkel zum ersten Mal wählen zu können".

Sie selbst trägt ein weißes Sakko und scheint in Ernsthaftigkeit konserviert. Und: Mit dem Fraktionsvorsitzenden ihrer Partei, Volker Kauder, plaudert sie geheimnisvoll. Beide haben bisweilen die Hand vor dem Mund; Kauder erklärt auf n-tv, es seien ja Lippenleser unterwegs. Vor diesen gelte es Infos zu schützen.

Zu den Mundablesern gehören womöglich auch die traurigen SPDler Martin Schulz und Sigmar Gabriel, nun einfache Abgeordnete. Ihnen schüttelt Merkel die Hand, dann ist es so weit: Es gibt ausreichend viele Stimmen, nach langem Applaus kann sie die Wahl annehmen. Irgendwie sympathisch.

Und n-tv, jener Sender, der oft wie der Abspielplatz für zeitlose Tier- und Weltkriegsdokus wirkt, hat für einen Augenblick seine livedokumentarische Würde wieder. (Ljubisa Tosic, 14.3.2018)