Die beiden US-Unternehmen Google und Apple können einseitig Verträge ändern, Preise festlegen und Daten übernehmen.

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Minister Le Maire: "Das ist nicht die Wirtschaft, die wir wollen."

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Der französische Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire kündigte am Mittwoch an, er werde Google und Apple vor dem Pariser Handelsgericht klagen. Ihre Geschäftspraktiken seien "missbräuchlich", da sie französischen Applikations- und Software-Anbietern ihre Konditionen aufzwängen. Zum Beispiel könnten die beiden US-Unternehmen einseitig Verträge ändern, Preise festlegen und Daten übernehmen. Das sei inakzeptabel und widerspreche dem Prinzip der Gerechtigkeit, sagte der Minister.

Le Maire gab sich überzeugt, dass die Justiz die Sicht der Regierung teilt. "So mächtig sie auch sind", meinte er, müssten Google und Apple die französischen Unternehmen doch fair behandeln. Die Bußen, so schätzt der Minister, dürften in die Millionen gehen.

Keine Reaktion von den Konzernen

Google und Apple reagierten vorerst nicht auf den Vorstoß, der zuerst von politischer Bedeutung zu sein scheint. Er erfolgt kurz nach der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, Stahl- und Aluminiumimporte mit 25 beziehungsweise zehn Prozent Abgaben zu belegen. Le Maires Initiative ist allerdings höchstens eine indirekte Antwort auf die handelspolitischen Spannungen zwischen den USA und der EU. In erster Linie will die französische Regierung den Druck auf die "Gafa" (Google, Apple, Facebook, Amazon, Microsoft) erhöhen. Le Maire wandte sich ausdrücklich gegen die Steueroptimierung dieser Internetgiganten. Sie gehe nicht in die Millionen, sondern in die Milliarden, hatte er schon im Februar in einem STANDARD-Interview erklärt.

Lösung bis Ende 2018 erwartet

Am Mittwoch machte Le Maire klar, dass er eine Lösung dieser Steuerfrage "bis Ende 2018" erwarte, um sie auf EU-Ebene Anfang 2019 in Kraft setzen zu können. Die EU-Kommission prüft derzeit, wie sie den Digitalfirmen einen Steuersatz auferlegen kann, der ihrem tatsächlichen Geschäftsvolumen entspricht.

Frankreich wünscht die Besteuerung nach dem gesamten Umsatz; Brüssel will aber offenbar eher das – niedrigere – Werbeeinkommen als Kriterium heranziehen. Le Maire hat deshalb die Wirtschaftsorganisation OECD aufgefordert, objektive Kriterien festzulegen. Wichtige EU-Länder wie Großbritannien lehnen das französische Vorgehen jedoch ab.

Le Maire hat deshalb durchblicken lassen, dass Frankreich notfalls auch im Alleingang gegen die Steueroptimierung globaler Internetkonzerne vorgehen werde. Das würde zwar dem europäischen Credo von Präsident Emmanuel Macron widersprechen; zudem unternimmt Paris derzeit große Anstrengungen, mit liberaleren Maßnahmen Firmen der Londoner City an die Seine zu locken. Trotzdem ist die französische Regierung gewillt, im Alleingang gegen die US-Riesen vorzugehen.

Youtube-Steuer

Dafür erhält sie breite öffentliche Unterstützung, was zeigt, wie groß in Frankreich der Unmut über die Gafa-Steuertricks ist. Ende 2017 hat Frankreich bereits eine "Youtube-Steuer" eingeführt, um Gewinne aus digitalen Videoinhalten mit zwei Prozent zu besteuern, also ähnlich wie früher DVDs und Kassetten. Digitalanbieter wie Netflix zahlen in Frankreich ebenfalls eine in ihren Abopreis integrierte Steuer von zwei Prozent des Umsatzes. (Stefan Brändle aus Paris, 14.3.2018)