Martin Selmayr soll zum Generalsekretär der Zentralbehörde werden.

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Die Bestellung des früheren Kabinettschefs von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Martin Selmayr, zum Generalsekretär der Zentralbehörde sorgt weiter für scharfe Kritik im Europäischen Parlament, belastet das Vertrauen zwischen den wichtigsten EU-Institutionen. Der 47-jährige Deutsche war vom Kommissarskollegium Ende Februar im Blitzverfahren und unter seltsamen Umständen auf den höchsten Beamtenposten gehievt worden.

Er hatte ein Bewerbungsverfahren als Vizechef der rund 33.000 Beamten absolviert, bei dem es nach Recherchen der französischen Zeitung Libération formale Tricks gegeben haben soll. Denn Selmayr wurde "binnen Minuten" nicht nur – wie vorgegeben – zum Vize, sondern gleich zum Generalsekretär gewählt. Bei einer Debatte zu dem Fall am Montag im EU-Parlament in Straßburg hatte Haushaltskommissar Günther Oettinger die Entscheidung verteidigt und betont, dass die Ernennung "der normalen Praxis der Kommission" entsprochen habe.

Sprecher aus allen Fraktionen, auch der Europäischen Volkspartei (EVP), denen Juncker (und Selmayr) zugerechnet werden, bleiben aber bei ihrer Kritik, dass ein Fall von "Vetternwirtschaft" vorliege, auch wenn niemand die fachliche Qualifikation Selmayrs anzweifelt. Er gilt als schwierig, als einer, der skrupellos politische Machtspiele und Intrigen betreibt.

Das EU-Parlament wird den Fall nun im Kontrollausschuss weiter untersuchen. Ob es am Ende zur Abberufung des Generalsekretärs kommen könnte, hängt nach Ansicht von mit dem Vorgang vertrauten Abgeordneten davon ab, ob die Kommission falsche Angaben zum Verfahren gemacht hat. Sollte durch Dokumente oder Zeugen belegt werden, dass getäuscht wurde, könnte "Selmayr- Gate" zum Skandal werden. (Thomas Mayer aus Straßburg, 15.3.2018)