Für Kunstbegeisterte ist Gold ebenso ein Thema – im Bild ein Ausstellungsbesucher vor Walter Schnabls "Schild des Apollon" – wie für sicherheitsbedürftige Anleger.

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Wien – "Es schaut ganz gut aus." Für den Goldexperten Ronald Stöferle von dem Vermögensverwalter Incrementum sollte sich das Jahr 2018 als ein gutes für das Edelmetall entpuppen. Und zwar, sobald der "relative Gegenwind" nachlässt, der den Goldpreis aus seiner Sicht derzeit noch von höheren Notierungen abhält. Dazu zählt er etwa das wiederhergestellte Vertrauen in Banken und das Finanzsystem oder die trotz des Warnschusses im Februar weiterhin laufenden Aktienmärkte. Die Inflationserwartungen in den USA seien zwar etwas gestiegen, würden aber noch keine ernsthaften Sorgen auslösen. "Oberflächlich ist alles eitel Wonne", sagt Stöferle über die derzeitige Lage, "über Gold denkt derzeit kaum jemand wirklich nach."

Unter der Oberfläche braut sich aus seiner Sicht bereits ein gedeihlicheres Umfeld für das Edelmetall zusammen, also eines, in dem Gold seiner Rolle als sicherer Hafen und Inflationsschutz gerecht werden kann. Laut Stöferle sollten die von US-Präsident Donald Trump angestrebte Schwäche des Dollars und der drohende Handelskrieg für einen Anstieg der Teuerung in den USA sorgen. Wohl drossle derzeit das "Quantitative Tightening" der US-Notenbank Fed, also die Umkehr der ultraexpansiven Geldpolitik, den Preisauftrieb. Allerdings glaubt Stöferle nicht, dass es mit den US-Zinsen angesichts des hohen Haushaltsdefizits noch weit nach oben gehen kann. "In Kombination mit höheren Inflationsraten ist das ein positives Umfeld für Gold."

Technischer Widerstand

Sobald der Goldpreis den "massiven technischen Widerstand" bei rund 1360 Dollar, an dem die Notierung zuletzt wiederholt nach unten abgeprallt ist, überwunden haben wird, ist aus Stöferles Sicht der Weg frei in Richtung 1500 Dollar. "Gold schraubt sich langsam nach oben, die Tiefststände haben wir 2015/16 schon gesehen", fasst er seine Erwartung zusammen.

Das World Gold Council erwartet indes in seinem Jahresbericht für 2017 für das laufende Jahr wieder eine höhere globale Nachfrage nach dem Edelmetall, nachdem diese im Vorjahr auf das tiefste Niveau seit 2009 gefallen war. Diese Erwartung begründet die Organisation der Goldbergbauindustrie unter anderem mit dem synchronen Aufschwung aller Regionen der Weltwirtschaft. Das unterstütze durch steigende Einkommen die Nachfrage nach Goldschmuck sowie jene nach Elektrogeräten wie Smartphones und Tablets, die das Edelmetall enthalten. Zudem sollten höhere Sparquoten die Nachfrage nach Goldbarren und -münzen begünstigen, erwartet das World Gold Council.

US-Haushalt als Hypothek für Dollar

Auch in der Commerzbank erwarten die Rohstoffanalysten künftig "moderat höhere" Notierungen für das Edelmetall. Und zwar dieses Jahr auch in Euro, dessen Stärke im Vorjahr noch die Kursgewinne des Edelmetalls gegenüber dem Dollar aufgefressen hatte. Für sie ist besonders die US-Haushaltspolitik ein preisbestimmender Faktor. Erwartet wird nämlich ein deutlich größeres Budgetloch, da die Ende des Vorjahrs auf Schiene gebrachte US-Steuerreform die Staatseinnahmen drosseln werde. Gemeinsam mit der vom Kongress beschlossenen Erhöhung der Ausgaben wird laut Commerzbank im laufenden Jahr eine Haushaltslücke von 800 Milliarden Dollar klaffen, die sich bis 2020 auf mehr als 1,2 Billionen Dollar erhöhen soll. "Diese Entwicklung könnte eine schwere Hypothek für den US-Dollar darstellen", folgern die Analysten das Instituts, "und dem Goldpreis damit Auftrieb geben."

Einig sind sich die Commerzbank-Experten und Stöferle darin, dass Silber heuer bessere Aussichten als Gold hat. Trotz boomender Weltwirtschaft und robuster Nachfrage aus China konnte die Preisentwicklung von Silber nicht mit der von Gold Schritt halten. "Fundamental erklären lässt sich diese Preisschwäche nicht", betonen die Commerzbank-Experten. "Wir sehen daher stärkeres Aufwärtspotenzial für Silber." Bis Jahresende erwarten sie einen Preisanstieg von derzeit rund 16,60 auf 18 Dollar. (Alexander Hahn, 15.3.2018)