Auch wenn der scheidende slowakische Premier Robert Fico seinen Rücktritt als Opfergabe für das Land darstellt: Gute Haltungsnoten verdient er sich mit seinem jüngsten Schachzug nicht – genau wie auch sonst während der vergangenen drei Wochen seit dem Mord an dem Enthüllungsjournalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnírová.

Zunächst bemühten sich Fico und seine Regierung, die Affäre, in der es immerhin um Recherchen über Verbindungen von Politikern zur italienischen Mafia und um Betrug bei der Zuteilung von EU-Förderungen geht, einfach auszusitzen. Hat nicht geklappt, es kam zu den größten Massenprotesten seit der Samtenen Revolution des Jahres 1989. Auch der Rücktritt von Innenminister Robert Kaliňák Anfang der Woche vermochte nicht mehr genügend Druck aus dem Kessel zu nehmen.

Nur Trippelschritte

Nun geht also auch Fico. Die Bedingungen aber, die er dem parteilosen Staatspräsidenten Robert Kiska gestellt hatte, haben aus einem halbwegs würdevollen Abgang erneut Trippelschritte in einem peinlichen Rückzugsgefecht gemacht. Er setzte durch, dass seine Dreierkoalition auch das nächste Kabinett zusammenstellen kann – und dass seine sozialdemokratische Partei Smer erneut den Premier stellt.

Fico will sich damit weiterhin Einfluss sichern, auch über seine Amtszeit hinaus. Der größte Schönheitsfehler liegt aber einmal mehr in der Rhetorik des Mannes, der kritische Journalisten auch schon einmal als "antislowakische Prostituierte" bezeichnet hat: Es gehe ihm um Stabilität im Land, erklärte Fico. Wenn er schon zurücktrete, so sein Ansatz, müssten wenigstens das Wahlergebnis von 2016 geachtet und "Chaos" vermieden werden.

Option Neuwahlen

Angesichts der jüngsten Entwicklungen ausgerechnet die jetzige Koalition als Stabilitätsgarantin zu preisen dürften viele Bürgerinnen und Bürger als schlechten Scherz empfinden. Und dass mit dem bisherigen Vizepremier Peter Pellegrini ausgerechnet jener Mann Regierungschef werden soll, der sich erst vor kurzem gegen "Einmischung in innere Angelegenheiten" wehrte, während EU-Vertreter sich für die Lage in der Slowakei interessierten und Demonstranten in dutzenden Städten Europafahnen schwenkten, macht die Sache nicht gerade besser. Die Erschütterungen seit dem Mord an Kuciak sind so gewaltig, dass man über Neuwahlen zumindest nachdenken sollte, statt bloß das Chaosgespenst an die Wand zu malen. (Gerald Schubert, 15.3.2018)