Eine Fachmesse für Therapie und Rehabilitation hat die Hallen zuvor belegt. Man kann einander aber auch mit Worten Gutes tun. "Ja, dein neues Buch interessiert mich auch" – so in etwa darf man sich Begegnungen von Autoren vorstellen, die gerade ein neues Opus herausgebracht haben. Auf einer Buchmesse ereignen sie sich naturgemäß gehäuft.

Dass Sprachkunst eben auch im Profanen blüht, untermauern weitere Ohrenschmäuse vom ersten Messetag. "Das Nadelöhr Handel wird immer größer" gehörte zu den schönsten. Die paradox klingende Feststellung wollte sagen, dass das klassische Modell des Literaturvertriebs über Buchhandlungen immer schlechter funktioniert. Direktere Endkundeninteraktion sei gefragt! "Weglasstitel" wiederum bezeichnet Bücher, die Buchhändler erst gar nicht mehr in die Regale räumen, weil sie im ökonomischen Kontext absehbar schlecht performen werden und konkurrenzfähigeren Titeln also nur Platz wegnähmen. Tja, dann weg damit.

Kein Tumult im rechten Eck

Was aber verspricht Erfolg? "Die klassische Rezension bringt Ihnen gar nichts mehr", schrieb in einem Vortrag für Verlage der Vortragende den Verlegern hinter die Ohren. Besser wirken offenbar Bestsellerlisten, auch mit denen befasste man sich. Die wenigen Top-20-Titel aus 60.000 Neuerscheinungen jährlich sollen für elf Prozent des Buchumsatzes sorgen. Verkaufsfördernd wirken aber ebenso Debatten. Das politische Sachbuch sei im Aufwind, hieß es am Nebenstand. Und zwar auch das wirklich sachliche und hintergründige politische Sachbuch – und nicht nur das, das auf Empörung aus ist.

Apropos: Die Lage im hinteren rechten Eck der Halle 3 war entspannt. Beim rechtsgerichteten Compact-Magazin hingen Poster, die vor Islamisierung warnten, beim Klimawandel "Fakten gegen Hysterie" forderten oder die "historischen Stätten unseres Volkes" beschworen. Doch gab es keinerlei Tumult. Ebenso bei Anataios. Der Andrang hier war generell überschaubar. Autor Uwe Tellkamp, der jüngst mit AfD-Nähe aufgeregt hatte, sagte indes kommende Lesungen ab. Er fürchtet, sie könnten politisch "zweckentfremdet" werden.

Tageshöhepunkt war die Vergabe der Preise der Leipziger Buchmesse (insgesamt 60.000 Euro). Der Preis für Übersetzung ging an Sabine Stöhr und Juri Durkot, die "Internat" von Serhij Zhada aus dem Ukrainischen übertragen haben. Karl Schlögel gewann in der Rubrik Sachbuch für "Das sowjetische Jahrhundert" und Esther Kinsky mit "Hain" den Preis für Belletristik. (Michael Wurmitzer, 15.3.2018)