London/Wien – Das Timing war perfekt: Kurz vor dem auch im Regelbetrieb schon emotional aufgeladenen Aufeinandertreffen der Rugbynationalteams aus England und Irland, wurden äußerst unglückliche Bemerkungen des englischen Chefcoaches bekannt. Die beiden Mannschaften matchen sich am Samstag in der letzten Runde der Six Nations 2018 in London.

Jones, ein Australier, verwendete im Zusammenhang mit den Iren anlässlich eines Auftritts für einen Teamsponsor im Sommer 2017 das hübsche Adjektiv "scummy", schäbig. Wales bezeichnete der 58-Jährige in seiner Rede, die auf Video festgehalten wurde, als "kleines Scheißland".

Hintergrund der Affäre war die Niederlage Englands beim Turnier 2017 gegen die Iren in Dublin, wodurch den Briten der sogenannte Grand Slam durch die Lappen ging, was nichts anderes bedeutet, als alle fünf Matches der Meisterschaft zu gewinnen.

Jones sprach darüber, wie sehr ihn diese Niederlage enttäuscht hätte. "Wir haben 23 Länderspiele absolviert und nur eines davon gegen die schäbigen Iren verloren. Aber keine Sorge, nächstes Jahr haben wir sie zu Hause und werden das gerade biegen."

Konnte seine Zunge nicht im Zaum halten: Eddie Jones.
Guardian Sport

In der Tat. Die Ausgangslage 2018 ist exakt dieselbe, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. Die irische XV hat alle ihre bisherigen Matches gewonnen, steht als Turniersieger fest und könnte mit einem Erfolg in London den erst dritten Grand Slam ihrer Verbandsgeschichte einfahren. Die Motivation der Männer in Grün dürfte spätestens jetzt ihren Maximalwert erreicht haben. Das als Favorit ins Rennen gegangene England hingegen ist aus dem Rennen, musste zuletzt zwei aufeinanderfolgende Niederlagen gegen Schottland und Frankreich hinnehmen.

Die Freundlichkeit gegenüber Wales fiel, als ein 0:125-Debakel zur Sprache kam, das die japanische U20 im Jahr 2012 gegen ihre walisischen Altersgenossen zu schlucken hatte. Jones war damals Japans Teamchef. "Wer kennt Wales?", fragte er. "Das ist dieses kleine Scheißland mit drei Millionen Einwohnern. Drei Millionen!"

Sorry

Jones, für den beißender Witz die kommunikative Basis darstellt, entschuldigte sich. "Ich hätte nicht sagen sollen, was ich gesagt habe. Punkt", äußerte er gegenüber der BBC. Es täte ihm sehr leid, sollte er jemanden beleidigt haben. Eine Sprecherin des englischen Rugby-Verbandes nannte die Wortspende des Cheftrainers "unpassend". Man werde sich bei den Gegenübern aus Irland und Wales dafür entschuldigen.

Stiig Gabriel, Sportdirektor von Österreichs Serienmeister RU Donau Wien wundert sich im Gespräch mit dem STANDARD über die Unbedachtheit von Jones. Andauernd würden doch Clips mit Leuten auftauchen, die nicht über die Konsequenzen ihrer Aussagen nachdenken.

Der Vorfall zeige, "dass Jones ein Egozentriker ist, der den Sport nicht als Wertegemeinschaft begreift. Er kommt aus der ersten Generation, die in der Profi-Ära des Rugby großgeworden ist und sich nun wie Fussballcoaches gebärdet." (Michael Robausch, 15.3. 2018)