Wenn wenige Klicks genügen, damit große Konzerne binnen weniger Tage Kastenwagen losschicken, um uns die gewünschten Produkte direkt an die Haustür zu liefern, müssen sich niedergelassene Einzelhändler etwas einfallen lassen, um bequeme Kunden in die Geschäfte zu locken. Gut bestückte Räume mit Regalen und Stangen reichen nicht mehr, es muss schon etwas Besonderes sein. Ladenbauer sind wie Bühnenmeister, meinen die Herausgeber des "Store Book 2018", und sie zeigen die neuesten als Kulissen funktionierenden Geschäftslokale von St. Gallen bis Schanghai. Bereit für die Kundschaft, die sich beim Shoppen für Instagram und Co auch gern selbst inszeniert.

Das hier ist nicht provokante Kunst, sondern eine Metzgerei. Sogar Fleisch braucht eine Bühne, wie die Schaufenster des Atelier Millevaches in Antwerpen (im Bild) beweisen.

Foto: Constantin Meyer

Hinter den Scheiben sind echte Rinderhälften zu sehen, Steaks sind hier fein säuberlich als Unikate aufgereiht, fast als handle es sich um Schmuck. Das hauseigene Biofleisch wird mit klaren Elementen wie Glas, Beton und Edelstahl präsentiert, ganz ohne rustikales Design.

Foto: Constantin Meyer

Tankstelle einmal ganz anders: Weil der Ort nicht nur durstige Autos, sondern auch deren Fahrer und manche Anrainer und Nachtschwärmer sättigt und frisch macht, haben die Shopdesigner aus dieser Tanke im deutschen Aalen einen Nahversorger mit Convenience-Produkten gemacht. Das Frischwerk geht mit einem schicken Café-Bereich, einer ladeneigenen Bäckerei und Qualitätsware auf Kundenfang.

Foto: Annika Feuss

Savanne statt Bodensee: Der Souvenirshop Affenberg im deutschen Salem entführt die Besucher eines Affentierparks nach Afrika. Hier gibt es zwar nur Affen zu kaufen, aber in großer Artenvielfalt und gekonnt arrangiert.

Foto: Jens Pfisterer

Wie ein weißer Kubus: Das Optiklabel Viu in Kopenhagen setzt in seinem Flagshipstore auf Minimalismus. Wie eine Kunstgalerie wirken die Präsentations- und Verkaufsflächen. Ein schlichtes Beratungspult mit Eichenhocker und eine Korkwand gehören zu den einzigen Elementen im Raum. Oben ist Platz für wechselnde künstlerische Ausstellungen.

Foto: Sandra Kennel

Verspielte Privatheit als Pop-up-Konzept: Der Essence Maker Shop in Berlin setzt auf knallig und direkt. Das Kosmetikgeschäft, in dem junges Publikum Produkte selbst anrühren, probieren und präsentieren kann, hat ein ungewöhnliches Angebot. Eine Lounge lädt zum Selfiemachen ein, schrille Farben und Neonsprüche motzen die Loftatmosphäre auf. Wie gemacht für die Social-Media-Spielwiese.

Foto: Ulrich Schaarschmidt

Wirkt mehr wie eine Fabrikhalle als ein Showroom: Der Flagshipstore von Balenciaga in Paris wartet im Zuge des Generationenwechsels an dessen Spitze mit einem neuen Shopdesign auf. Beton, Aluminium und Chrom sorgen für Kühlhausoptik. Allein die Ware belebt den Raum.

Foto: Dieter Ertl

Buchhandel auf Chinesisch: Der Zhongshu Bookstore in Suzhou mutet mit dem bunt leuchtenden Deckengewölbe wie eine spacige Lesegalaxie an. Hier gibt es auf 1.300 Quadratmetern mit Nischen und Sitzgruppen ausreichend Platz zum Lesen. Die Bücher sind in unterschiedlich hohen Regalen, Podesten und Stufen angeordnet. Neuerscheinungen werden auf kleinen Altären aus Acrylglas wie Reliquien präsentiert.

Foto: HU Yijie, CreatAR

Ein Blick in das neu gestaltete Women's Designer Department des Kadewe in Berlin. Bauhaus und Art déco inspirierten die Pariser Innenarchitektin India Mahdavi zur Umgestaltung des 2.000 Quadratmeter großen Bereiches im zweiten Stock. Schwarz-weiß-grauer Kompositstein zieht sich am Boden durch die Abteilung, dazu Marmor, Kleiderständer aus Messing und als Kontrast samtige Polstermöbel. (adem, 7.4.2018)

Foto: Derek Hudson