US-Strafzölle auf Fahrzeuge würden Europas Exporteure hart treffen. Fünf Prozent der Wertschöpfung in der deutschen Autoindustrie entfällt auf Zulieferer aus Österreich.

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Wien – Die Fronten in dem von US-Präsident Donald Trump angefachten Handelsstreit verschieben sich laufend. Beim kommenden G-20-Gipfel in Buenos Aires am Montag wollen die USA nun Verbündete gegen Chinas Handelspolitik suchen, wie ein Vertreter des US-Finanzministeriums am Donnerstag ankündigte. Dabei hat Präsident Donald Trump kurz zuvor einige Partner vor den Kopf gestoßen, indem er hohe Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte verhängte.

Aus europäischer Sicht noch schlimmer war die Drohung Trumps, Zölle auf Autos zu erhöhen. Bereits im Vorjahr bezifferte Trump mögliche Fahrzeugzölle mit 35 Prozent. Ökonomen haben nun berechnet, wie hart die EU-Autoindustrie getroffen würde.

Jobs in Gefahr

Den größten Schaden durch US-Zölle auf Autos hätte Deutschland. Die Bundesrepublik verkaufte im Jahr 2015 Fahrzeuge im Wert von 29 Mrd. Euro in die USA (zu aktuellem Wechselkurs). Das war ein knappes Drittel aller deutschen US-Exporte. Der Anteil in der gesamten Union lag bei 14 Prozent. Österreich verkaufte nur Fahrzeuge im Wert von weniger als einer Mrd. Euro über den Atlantik, das waren zehn Prozent der heimischen US-Exporte. Aber als Heimat wichtiger Zulieferbetriebe wäre die hiesige Wirtschaft stärker betroffen. Immerhin fünf Prozent der Wertschöpfung der deutschen Autoindustrie entfällt auf Zulieferer aus Österreich. Das entspricht mehr als einem Prozent des Bruttoinlandprodukts, wie Zahlen des Forschungsinstitut WIIW zeigen.

US-Autozöllen würden Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks bedrohen, wie eine neue Modellrechnung des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) zeigt. Eine Erhöhung der Autozölle auf 25 Prozent, zusätzlich zu den bereits beschlossenen Handelsschranken auf Stahl und Alu, würden mittelfristig 150.000 Stellen in der EU betreffen. In Österreich könnten 5000 Arbeitsplätzen verlorengehen. Mittelfristig wären die USA stärker von der Einführung der Zölle betroffen als seine Handelspartner: Das Wifo rechnet mit 180.000 bedrohten US-Jobs. Das liegt vor allem an höheren Preisen für amerikanische Produzenten und Konsumenten.

Manöver in Nafta-Verhandlungen

In Europa dürfte sich das Gefühl ausbreiten, durch ein taktisches Manöver Trumps in den laufenden Verhandlungen mit Kanada und Mexiko zur Nordamerikanischen Freihandelszone (Nafta) zum Handkuss zu kommen. Die bereits beschlossenen Strafzölle auf Alu und Stahl hätten die Nafta-Partner Washingtons am härtesten getroffen. Beide wurden jedoch vorläufig von den Zöllen ausgenommen. Trump erwartet sich dafür ein Entgegenkommen der Nachbarstaaten. "Das ist wie eine Galgenfrist", beschreibt WIIW-Ökonomin Julia Grübler die befristete Ausnahme.

Was inmitten der EU-Aufregung um mögliche Gegenmaßnahmen etwas unterging: Auch US-Autozölle würden vor allem Kanada und Mexiko treffen, die zusammen für knapp die Hälfte aller Fahrzeugimporte der USA verantwortlich sind. "Das erweckt den Eindruck, dass Trump damit vor allem die Nafta-Verhandler unter Druck setzen will", sagt Grübler.

EU-Vertreter sind derzeit mit Washington in Kontakt, um ebenfalls von den Schutzzöllen ausgenommen zu werden. Dem Magazin Spiegel zufolge wollen die USA dafür Zugeständnisse im Stahl- und Aluminiumhandel. Demnach soll Europa dafür sorgen, dass seine Exporte das Niveau des Jahres 2017 künftig nicht überschreiten. Außerdem solle Brüssel gegen Dumping-Stahl aus China vorgehen und Trumps globale Handelspolitik unterstützen.

Die EU sollte nicht voreilig mit Gegenmaßnahmen zurückschlagen, meint Grübler. Sollten tatsächlich US-Autozölle kommen, würde der Handelskonflikt richtig eskalieren. Das müsse man verhindern. Trumps Taktik sei schwer vorherzusehen. Immerhin hat er die jüngsten Schutzzölle gegen den Widerstand aus seiner eigenen Partei und der US-Wirtschaft dekretiert und potenziell damit seinem Land geschadet. Auch beim kommenden G-20-Gipfel dürfte ihn der Gegenwind kaum bremsen. (Leopold Stefan, 17.3.2018)