Astana, der Name der kasachischen Hauptstadt, ist inzwischen zum Synonym für das einzige halbwegs produktive Gesprächsformat zum Kriegsland Syrien geworden: Die Assad-Unterstützer Russland und Iran auf der einen und der Assad-Gegner Türkei auf der anderen Seite haben hier ihr Modell der "Deeskalationszonen" entwickelt, das nicht überall so ein katastrophaler Fehlschlag ist wie in der Ostghouta. Es wurden Arbeitsgruppen zu Gefangenenaustausch, Vermissten, Herausgabe von Leichen und Kulturgüterschutz eingerichtet. Das sind alles wichtige Themen – auch wenn ihre Behandlung den Menschen in der Ostghouta und in Afrin, die in ihren schrecklichen Kriegszonen gefangen sind, natürlich nicht helfen kann.

Und da beginnt der skurrile Teil der Veranstaltung: Seit dem letzten Treffen im Dezember sind in Syrien mit der Beteiligung von Astana-Staaten zwei neue Großoffensiven angelaufen, bei denen Zivilisten massiv zu Schaden kommen – und die erstaunte Welt erfährt, dass es lediglich um Terroristenbekämpfung geht. Und obwohl Ankara und Moskau natürlich nicht mit der jeweils anderen Definition, wer ein Terrorist sei, übereinstimmen, so nehmen sie das doch stoisch hin: um das Astana-Format, für das es den Hashtag #Peace4Syria gibt, weiterzubetreiben.

Denn beim "Frieden für Syrien" à la Astana geht es eben nicht zuvorderst darum, das Leiden der Zivilisten zu beenden, sondern um Machtpolitik externer Akteure. Die Türkei hat sich durch ihre Umzingelung von Afrin eine gute Verhandlungsposition erkämpft, um ihre Interessen im Nordwesten durchzusetzen und eine kurdische Verwaltung westlich des Euphrat zu verhindern. Dafür ist Ankara bereit, so manche andere Kröte zu schlucken. Moskau wiederum lässt die Türken in Afrin wüten – wenn das Ergebnis ist, dass Ankara letztlich die Rolle des Regimes als Ordnungsmacht anerkennt, dann hat es viel erreicht.(Gudrun Harrer, 16.3.2018)