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Aufnahmen von Sonntag zeigen Rauch in der nordsyrischen Stadt Afrin.

Foto: AP/Hasan Kirmizitas

In den vergangenen Tagen soll bis zu 200.000 Zivilisten aus der Stadt geflohen sein.

Foto: APA/AFP/BULENT KILIC

Türkische Truppen und ihre Verbündeten haben am Sonntag die mehrheitlich kurdische Stadt eingenommen.

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Damaskus – Rund zwei Monate nach Beginn der türkischen Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordwestsyrien sind die türkischen Truppen und ihre Verbündeten am Sonntag in die mehrheitlich kurdische Stadt Afrin vorgedrungen. Das Zentrum sei "vollständig" erobert, verkündete der türkische Staatspräsident Tayyip Erdogan.

Ein Sprecher der mit Ankara verbündeten Freien Syrischen Armee (FSA) sagte, sie seien am Sonntag an drei Fronten in die Stadt eingerückt, ohne dabei auf Widerstand gestoßen zu sein. AFP-Reporter vor Ort beobachteten in sämtlichen Stadtteilen türkische Soldaten und ihre syrischen Verbündeten.

Beitrag aus der ZiB um 13 Uhr.
ORF

Die Kurden kündigten aber Widerstand an, der andauern werde, bis "jeder Quadratzentimeter von Afrin befreit ist". Der Krieg "gegen die türkische Besatzung" sei "in eine neue Phase" eingetreten. Von einer direkten Konfrontation gehe man nun zu Überraschungsangriffen über, hieß es in einer Erklärung der halbautonomen Region. Die Widerstandskämpfer würden für die türkische Armee und ihre Verbündeten zum "ständigen Albtraum" werden.

Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte hätten mit Ankara verbündete Kämpfer am Sonntag damit begonnen, "das Eigentum der Einwohner zu plündern, ebenso wie politische und militärische Gebäude, aber auch Geschäfte". Auch AFP-Reporter beobachteten zahlreiche Plünderungsszenen.

Offenbar Spital angegriffen

Laut der Beobachtungsstelle, deren Berichte unabhängig kaum zu überprüfen sind, flohen in den vergangenen Tagen mindestens 200.000 Zivilisten aus Afrin. Die Stadt werde evakuiert, um "eine schlimmere Katastrophe an Zivilisten" zu vermeiden, teilte die kurdische Regionalregierung mit. Demnach strebten die Menschen in andere kurdisch-kontrollierte Gebiete oder in Gegenden, die von der syrischen Regierung beherrscht würden. Ankara wies Berichte zurück, wonach in Afrin ein Krankenhaus bombardiert und Zivilisten getötet worden seien. Nach Angaben von Ärzten, dem Roten Halbmond und der Beobachtungsstelle wurden am Freitag 16 Zivilisten beim Beschuss eines Spitals in der Stadt getötet.

Ankara sieht die kurdische YPG-Miliz wegen ihrer engen Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als Terrorgruppe an und will ihre Offensive auch auf andere Kurdengebiete ausweiten. Die PKK steht in der Türkei, der EU und den USA auf der Terrorliste, die YPG dagegen ist wichtiger Partner der USA im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS).

Flucht aus Ostghouta

Auch an einem anderen Schauplatz des syrischen Bürgerkriegs verschärfte sich am Wochenende die Lage: Allein am Sonntag sollen nach russischen Angaben 20.000 Menschen aus der syrischen Ostghouta geflohen sein. Seit der Öffnung von Fluchtkorridoren hätten mehr als 68.000 Menschen das Kampfgebiet nahe Damaskus verlassen. Das UN-Nothilfebüro Ocha sprach von mindestens 20.000 Flüchtlingen in der vergangenen Woche.

Syriens Staats-TV zeigte Flüchtlingskonvois, die aus der Region Ostghouta in die Regierungszone strömten. Augenzeugen berichteten, von Rebellengruppen an der Flucht gehindert worden zu sein. Das UN-Büro sprach von einer "schrecklichen" Lage in der Ostghouta, Tagesrationen von Brot müssten derzeit zehn Tage reichen. Die hygienischen Bedingungen seien absolut unzureichend und die Gefahr für die Verbreitung von Krankheiten gestiegen. (AFP, red, 18.3.2018)