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In den vergangenen Wochen waren Spaniens Pensionistinnen und Pensionisten schon mehrmals auf die Straßen gegangen.

Foto: Reuters / Sergio Perez

Spaniens Pensionistinnen und Pensionisten sind empört. Hunderttausende gingen am Samstag in mehr als 100 Städten für "würdige Pensionen" auf die Straße. Aufgerufen dazu hatten die Gewerkschaften und erst kürzlich vielerorts entstandene Pensionenkomitees. Es war der bisherige Höhepunkt eines Konfliktes, der seit Monaten andauert.

Die Regierung hat für das kommende Jahr eine Pensionserhöhung von 0,25 Prozent zugesichert, die Lebenshaltungskosten stiegen 2017 aber um zwei Prozent. In den kommenden Jahren wird das nicht anders sein. Pensionistinnen und Pensionisten müssen damit einen Kaufkraftverlust hinnehmen, während die Unternehmergewinne über fünf Prozent stiegen. Bis 2013 wurden die Pensionen automatisch an die Inflation angepasst. Seit einer Reform des Pensionssystems durch die Regierung des konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy ist dies nicht mehr der Fall.

Andere Berechnung

Doch Rajoy änderte noch mehr Spielregeln. Wer künftig in Ruhestand geht, bekommt seine Bezüge anders berechnet als bisher. Die steigende Lebenserwartung und Einnahmen des Pensionssystems werden einberechnet. Seit Beginn der Wirtschaftskrise in Spanien im Jahr 2008 sind die Löhne für jüngere Arbeitnehmer um bis zu 20 Prozent gesunken. Befristete Teilzeitverträge sind an der Tagesordnung. Die Pensionskasse bekommt dies zu spüren.

Dank der Reform Rajoys dürften die Pensionen in den nächsten 20 Jahren um die 25 Prozent an Kaufkraft verlieren. Zurzeit liegt die durchschnittliche Pension für Männer bei 1247 Euro und für Frauen bei 797 Euro. Das Antrittsalter wurde bereits 2011 unter Rajoys sozialistischem Vorgänger von 65 auf 67 Jahre angehoben. "Diebe! Sie stehlen uns die Pensionen!" oder "Keine Stimme denen, die ihre Hände in unsere Pensionen gesteckt haben!" war landesweit auf Spruchbändern zu lesen.

Leere Kassen

Neben der ungenügenden Anhebung beschweren sich die Protestierenden über die "systematische Plünderung der Rücklagen der Pensionskasse". 2011, als Rajoy an die Regierung kam, waren in dem, was die Spanier "Sparbüchse der Sozialversicherung" nennen, über 60 Milliarden Euro. Die spanische Pensionsversicherung galt als eine der gesündesten in Europa. Ende vergangenen Jahres waren 90 Prozent des Geldes aufgebraucht. Was monatlich an Beiträgen hereinkommt, reicht gerade einmal, um die laufenden Renten zu bezahlen. Rücklagen werden keine mehr gebildet.

Und im Sommer und zu Weihnachten, wenn Sonderzahlungen anstehen, muss die Pensionsversicherung gar Kredite aufnehmen. Der Grund für die leere Sparbüchse: In den Krisenjahren hat die Sozialversicherung spanische Staatsschulden gekauft, als die Märkte das Land kritisch beäugten. Jetzt muss ebenjene Staatskasse der Sozialversicherung mit Krediten unter die Arme greifen.

Rajoy will trotz zunehmender Proteste an den 0,25 Prozent festhalten. "Während ich an der Regierung bin, werden die Pensionen mit Sicherheit steigen, aber ich muss euch auch sagen, sie werden nur so viel steigen, wie wir können", erklärte Rajoy vergangene Woche. Gleichzeitig werden bis zum Jahr 2020 die Bezüge der Beamten der Nationalpolizei um knapp 600 Euro und die der paramilitärischen Guardia Civil um über 700 Euro im Monat erhöht. (Reiner Wandler aus Madrid, 18.3.2018)