Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein etwas überdimensioniertes Spiegelei, das jemand an die Decke geklebt hat. Wer genauer in den Krankenhäusern der Salzburger Spitalsholding SALK hinsieht, wundert sich vielleicht über die geschwungenen Wellblechteile. Sie wurden vor mehr als zehn Jahren installiert – der damalige Primar am Landeskrankenhaus Salzburg und des Universitätsklinikums, Gernot Pauser, war voll des Lobes für die Bauteile. In einem Folder des Herstellers "Geowave" wird er zitiert: "In den Salzburger Landeskliniken wurden zur Verminderung von Einflüssen stressender Zonen und für ein besseres Wohlbefinden unserer Patienten über 150 GeoWave® -Wellen montiert."

Die Geowave oder Anti-Strahlen-Welle, wie sie auf der Website des Herstellers gezeigt wird.
Screenshot: geowave.at/geowave

Diskrete Entsorgung der "Geowaves"

Die Euphorie für das welleninduzierte Wohlbefinden hat in Salzburg offenbar nach der Pensionierung Pausers stark nachgelassen. "Da steht heute niemand mehr dahinter," sagt Mick Weinberger, Sprecherin der Landeskliniken, auf eine Anfrage. "Ich weiß gar nicht, wo in unserem Häusern noch Geowaves zu finden sind. Wenn irgendwo umgebaut wird, verschwinden die Teile." 

Die Wunderwelle mutiert zu Sperrmüll. Das hört man bei "Geowave" vermutlich nicht so gerne. Das Unternehmen mit Sitz in Hallein führt die Salzburger Landeskliniken – und eine Reihe weiterer angesehener Krankenhäuser  – nach wie vor stolz als Referenz in ihrem Folder. Auch damit hat man bei den Salzburger Kliniken keine große Freude mehr. 

Ein echtes Hightech-Gerät 

Der Hersteller spricht von einem "High-Tech"-Gerät und begründet das mit der "exakten prozentuellen Zusammensetzung und Oberflächenverteilung der eingesetzten Metalle (Aluminium, Magnesium, Gold)" und einer "charakteristischen Mikro-3D-Oberfläche der nach unten weisenden Seite der Geowave".

Abgesehen von den Wellblech-Stücken verkauft das Unternehmen Wasserbelebungsgeräte mit dem Namen "Geospring", die frappant an Granderwassergeräte erinnern und "Wasser mit Urkraft und natürlicher Ordnung wieder energetisch aufwerten".

Ein wahres Wundergerät, das sogar jung hält

Das Unternehmen kleckert – auch was das Wellblech betrifft – nicht bei der Schilderung der segensreichen Wirkungen. Glaubt man dem Verkaufsfolder, ist "Geowave" eine wahre medizinische Wundertüte und hat einen "positiven Einfluss" bei folgenden Beschwerden: Schlaflosigkeit, Stress, Kopfschmerzen und Migräne, Energielosigkeit, Burnout, Nervosität und Unruhe, Angstzustände, Albträume, Lernstörungen bei Jugendlichen, Beziehungsprobleme, Potenz- und Fruchtbarkeitsstörungen, Bettnässen, vorzeitige Alterung.

Die wissenschaftliche Beweisführung zur Wirkung der Welle mutet abenteuerlich an. Als Untersuchungsmethode einer Studie, die "doppelverblindet" die Wirkung des Teils beweisen soll, wird die Gasentladungsvisualisationstechnik (GDV) angeführt, eine Form der "Aura-Fotografie". Publiziert wurden die Studien ausschließlich in der Zeitschrift "Forschende Komplementärmedizin". In einem bizarr naiv anmutendem Beitrag berichtet der ORF Salzburg über den "wissenschaftlichen Beweis".

Geowave100

Eine Studie an Kühen

Die Wirkung der Welle sollen auch Kühe spüren. Die Dissertation "Geopathische Störzonen und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit von Milchkühen" wurde von der Veterinärärztin Martina Furter an der Universität Zürich eingereicht. Untersucht wurden Kühe in "Problemställen", die unter anderem durch vermutete Wasseradern einem "geopathischen Stress" ausgesetzt seien. Als Messmethode zum Beweis der Existenz dieser Stresszonen empfiehlt die Dissertantin unter anderem Radiästhesie: Wünschelrutengehen. "Die Radiästhesie ist also keine Scharlatanerie, sie ist offenbar ein Talent, das nur wenige besitzen", ist in der Dissertation nachzulesen. Die von geopathischem Stress befreiten Kühe gaben schon kurz nach der Installation des "Geowave"-Wellblechs im Stall gesündere Milch. 

Betreut wurde die Dissertation übrigens von Gerhard W. Hacker, einem Biologen, der das private "Institut für Grenzfragen des Lebens" führt. Die Kontaktadresse des Instituts Hackers ist ident mit der Adresse der "Geowave" Forschung und Research GmbH.

Wissenschaft und Reisen zu den Schutzengeln

Auf der Webseite des Instituts werden auch Workshops angeboten, bei denen der Wissenschafter Hacker bei "spirituellen Rückführungen in Vorleben und ins Zwischenleben" zur Seite steht und bei dem der Kunde mit seinem persönlichen Schutzengel in Kontakt kommt.

Der Biologe Hacker und der Primar Pauser hatten einst auch im Institut für Grund- und Grenzfragen der Medizin und Biotechnologie (IGGMB) am Landeskrankenhaus Salzburg - Universitätsklinikum der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität, Salzburger Landeskliniken (SALK), miteinander zu tun. Dieses Institut gibt es seit Jahren nicht mehr. Hacker war dort als Vorstand, Pauser als Mitarbeiter geführt. (Christian Kreil, 26.3.2018)

Wellblech-Magie in einer Salzburger Landesklinik.
Screenshot: psiram.com

Die Bewertung der Stiftung Gurutest: 

Esoterikfaktor: ★★★☆☆
Pseudomedizinfaktor: ★★★★☆
Verschwörerfaktor: ☆☆☆☆☆
Rechtsaußenfaktor: ☆☆☆☆☆
Marketinggeniefaktor: ★★★★★

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