Davos/Abuja – Mit Anzug und roter Krawatte hat er auf einem der weißen Sessel der Diskussionsrunde Platz genommen – als einer der Sprecher beim Weltwirtschaftsforum in Davos im Jänner dieses Jahres. "Seit langer Zeit fließen viele Milliarden Dollar nach Afrika, die aber bei den Menschen nur selten ankommen. Ich bin davon überzeugt, dass die Zukunft den Start-ups gehört", sagte Tony Elumelu damals zu den Besuchern.

Es ist nicht der erste Vortrag, den der nigerianische Unternehmer auf internationaler Bühne hielt: Seit Jahren tourt der Milliardär durch die Welt, hält Vorträge auf Eliteunis wie Oxford und auf internationalen Wirtschaftsgipfeln, um seine Philosophie zu verbreiten: Afrikapitalismus nennt sie Elumelu.

Der Nigerianer Tony Elumelu prägte den Begriff des Afrikapitalismus schon im Jahr 2010. Er gehört zu den reichsten Menschen in Afrika.
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Die Idee dahinter: Anstatt ihre Millionen in ausländischen Steueroasen zu parken, sollen Afrikas Reiche ihr Geld in heimische Jungunternehmen stecken und damit die Wirtschaft ankurbeln.

Eine Million Arbeitsplätze

Elumelu startete dafür 2015 die gleichnamige Stiftung: Zehn Jahre lang sollen nach eigenen Angaben jedes Jahr tausend afrikanische Unternehmer finanziert und geschult werden, die etwa in den Bereichen Landwirtschaft oder Gesundheit tätig sind. Insgesamt sollen dafür hundert Millionen Dollar zur Verfügung stehen. Die Ziele sind hochgesteckt: Eine Million Arbeitsplätze will Elumelu damit schaffen, zehn Milliarden Dollar sollen danach in den Kontinent zurückfließen.

Elumelu selbst ist Vorsitzender einer der größten Banken Afrikas, der United Bank for Africa (UBA), besitzt einen eigenen Investmentfonds und gehört mit seinem Vermögen zu den reichsten Personen Afrikas.

Und er kann sich freuen, denn der Kreis an potenziellen philanthropischen Milliardären in Afrika ist in den letzten Jahren noch weiter gewachsen: Insgesamt 23 Milliardäre, um zwei Milliardäre mehr als noch 2017, befinden sich auf der diesjährigen Liste des amerikanischen Wirtschaftsmagazins "Forbes". Zusammen kommen sie auf ein Vermögen von 75,4 Milliarden Dollar. Die Zahl der Superreichen, die mehr als 50 Millionen Dollar in Anlagen besitzen, soll laut einer aktuellen Analyse des Immobilienunternehmens Knight Frank in Südafrika in den nächsten fünf Jahren um zwanzig Prozent wachsen.

Glauben an Unternehmertum

Was Elumelu und seine Anhänger verbindet: Sie alle sind kritisch eingestellt gegenüber finanzieller Unterstützung von außen im Rahmen von Entwicklungszusammenarbeit, glauben nicht an die Hilfstätigkeit des Staates und der Politik, sondern setzen ihr Vertrauen zu großen Teilen in das lokale Unternehmertum.

Zugute kommt ihnen, dass die politischen Machthaber in vielen afrikanischen Ländern kein gutes Image genießen – im Vergleich dazu erscheint die Idee eines "modernen Afrikas", wie sie von erfolgreichen Unternehmern wie Elumelu formuliert wird, für die Bevölkerung um einiges attraktiver.

Tropfen auf heißen Stein

"Der Afrikapitalismus ist durchaus als eine positive Initiative zu begrüßen. Am Ende ist sie aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt der deutsche Wirtschaftswissenschafter und Afrika-Experte Robert Kappel. Seiner Ansicht nach müssten die Hürden für kleine und mittlere Unternehmen beseitigt werden, etwa was den Zugang zu Elektrizität und die Finanzierung durch Banken betrifft, um den Sprung von kleinen zu großen Betrieben zu schaffen. Dabei seien auch die Regierungen gefragt.

In Uganda habe die Regierung in einem System des Favoritismus allerdings bisher vor allem Großunternehmen gefördert. Nigeria wiederum habe in den 60er- und 70er-Jahren einen Öl-Boom erlebt, von dem wenige multinationale Konzerne wie beispielsweise Shell profitierten, so Kappel.

Die Kritik an ausländischen Investoren sei jedenfalls berechtigt: Die Wertschöpfung bleibe selten im Land. Lässt Volkswagen beispielsweise Elektroautos in Ruanda zusammenbauen, sei kein Unternehmer aus Ruanda dabei. Auch weil das Know-how fehle, sagt Kappel.

Reichtum zurückgeben

Deswegen sollen die Reichen einen Teil ihres Vermögens zurückgeben, ist Elumelu überzeugt. Dass der Reichtum in die unteren Schichten der Bevölkerung langsam "durchsickert", wie es sich Elumelu wünscht, wird von vielen Experten allerdings bezweifelt.

Und noch seien die Millionäre von Heilbringern weit entfernt, sagt Kappel: Viele würden ihre Unternehmen gerade ins Ausland verkaufen, von den versprochenen Förderungen würde wenig bleiben. Und auch wenn viele Vertreter des Afrikapitalismus vorgeben, sich von der Politik fernzuhalten, sind gerade dort die Netzwerke oft sehr verbreitet. Eben auch, wenn es darum geht, steuerliche Vorteile herauszuschlagen. (Jakob Pallinger, 20.3.2018)