Der Hafen La Luz auf Gran Canaria verzeichnete 2017 das zweitgrößte Wachstum aller spanischen Häfen.

Foto: Autoridad Portuaria de Las Palmas

Las Palmas de Gran Canaria – Wegen seiner geografischen Lage nutzte schon Christoph Kolumbus auf seinen drei Reisen nach Amerika die Kanarischen Inseln als Ankerplatz. Nun gewinnt der Atlantikarchipel für den globalisierten Welthandel wieder an Bedeutung – dank seiner Häfen, allen voran dem von Las Palmas de Gran Canaria, La Luz ("das Licht") genannt.

Dieser wurde im Februar 1883 eröffnet und ist seither der wirtschaftliche Motor des Archipels. Neben dem und für den wachsenden Tourismus – Stichwort Kreuzfahrtschiffe (565 legten 2017 an) – sowie Fährverbindungen als Umschlagplatz für Waren von und nach Europa, das etwa 1250 Kilometer entfernt liegt, und insbesondere als "Tor zu Westafrika", dessen Küste sich nur 97 Kilometer von Fuerteventura und rund 210 Kilometer von Gran Canaria entfernt erstreckt.

"Das ist es, was uns als kleiner Insel speziell zugutekommt", sagt Luis Ibarra Betancort zum STANDARD. Seit 2011 ist der studierte Ökonom und einstige Finanzminister der Regionalregierung Präsident der Hafenbehörde von Las Palmas de Gran Canaria, die auch die Häfen Arinaga – beim Industriegebiet von Las Palmas – und Salinetas an der Ostküste der Insel sowie Los Mármoles (Arrecife, Lanzarote) und der Puerto del Rosario auf Fuerteventura leitet.

Geografisch ist La Luz einzigartig im Atlantik, dank einer natürlichen, zwischen kleinen Vulkaninseln liegenden Bucht, die eine vergleichsweise große Wasserfläche mit um die 20 Meter Tiefe bietet. "Damit können die portugiesischen Azoren und Madeira oder auch Kap Verde nicht aufwarten", hebt Ibarra hervor. La Luz bietet stattliche 22 Meter Wassertiefe – und damit ausreichend für die größten Containerfrachter der Welt – sowie aktuell 14 Kilometer an Anlegestellen. 2017 war ein absolutes Rekordjahr für den Hafen: 24,2 Millionen Tonnen, plus 20 Prozent, im gesamten Verkehrsvolumen, markiert das zweitgrößte Wachstum aller spanischen Häfen. Nur übertroffen von Barcelona, dessen Exportwirtschaft der Separatismuskrise trotzt: 60,1 Millionen Tonnen wurden umgeschlagen, ein Plus von 26,1 Prozent.

Beachtliche Zuwächse

Zudem passierten Las Palmas 1,1 Millionen Container (plus 24,1 Prozent) und im Transit von Standard-TEU (Twenty-foot Equivalent Unit) erreichte man gar 600.000 Einheiten – ein Zuwachs von knapp 41 Prozent. Mit 2,3 Millionen Tonnen an Treibstoff für das Nachtanken mittels "Bunkering" liegt La Luz in diesem Segment nur noch knapp hinter Algeciras an der Straße von Gibraltar (2,5 Millionen Tonnen). 50 bis 60 Prozent der im Transit in Las Palmas umgeschlagenen Waren, primär Container, aber auch Stückgut wie Bodenschätze – US-amerikanische und kanadische Konzerne haben Standorte im Hafenareal – und Getreide werden in Las Palmas von großen Frachtschiffen auf kleinere umgeladen, sagt Ibarra. Sie steuern von hier aus die Häfen der gesamten westafrikanischen Küste an: "Wir betreiben weltweit regelmäßigen Linienverkehr zu mehr als 150 Häfen, in Westafrika zu allen relevanten, auch kleine und mittelgroße von Marokko bis in die Zone um Angola", sagt er nicht ohne Stolz.

Ibarra beschreibt die Vorteile: "Neben der politischen Stabilität, Fragen der Sicherheit, was die Betriebsfähigkeit betrifft, als Teil der EU oder steuerlich, weil der Kanarenfreihafen und die Freihandelszone lediglich vier Prozent an Abgaben zu bezahlen haben." Da es auch noch so gut wie unmöglich sei, Waren direkt von einem afrikanischen Hafen zu einen anderen zu verschiffen, laufe quasi der gesamte zwischenstaatliche Handel Westafrikas ebenfalls über Las Palmas.

Wesentlichen Anteil am jüngsten Rekordwachstum trägt dabei die schweizerische Mediterranean Shipping Company (MSC), aktuell die zweitgrößte Reederei der Welt, die den Containerterminal im Vorjahr von La Luz zur Gänze übernommen hat. Und Investitionen für den Ausbau und die fortschreitende Automatisierung tätigt. So werden die zwei Hafenmolen (Reina Sofia und Nelson Mandela) bis 2021 um 300 Meter verlängert: "Wir sind am perfekten Standort positioniert, für Europa, Afrika und Lateinamerika", wirbt Ibarra, "und global vernetzt, von Fernost bis nach Antwerpen und Hamburg."

Brückenfunktion

Den größten Zuwachs für die Zukunft im Warenverkehr sieht Ibarra in der Brückenfunktion zwischen Südamerika und Afrika: "In Afrika wächst der Konsum und die Kaufkraft einer stets größer werdenden Mittelschicht. Und Lateinamerika, insbesondere die wirtschaftsstarken Staaten Brasilien und Argentinien exportieren stetig mehr." Mit MSC und Maersk forciert man daher die Transatlantikrouten von Afrika nach Übersee. Mitte März war Ibarra selbst in Brasilien, um Kooperationsabkommen beim Tropenfruchtexport mit Brasiliens Landwirtschaftssektor abzuschließen.

Ab 2020, spätestens 2021, soll der Hafen La Luz auch über ein Flüssiggasterminal verfügen, für die nun sukzessive vom umweltschädlichen Schweröl auf Gasbetrieb umgerüstete Schiffe. Von denen nutzt das Gros den Kanarenzwischenstopp zum Nachtanken. Denn die Unterwasserwelt vor den Kanaren ist ein Naturjuwel, das es zu bewahren gilt. Dessen ist sich auch Ibarra bewusst. (Jan Marot, 24.3.2018)