Die Aufnahme von Voyager 1 zeigt den Großen Roten Fleck im Jahr 1979. Heute ist der Wirbelsturm bedeutend kleiner.
Foto: NASA/JPL

Greenbelt – Vor Jahrzehnten hieß es noch, der Große Rote Fleck des Jupiter sei groß genug, die Erde dreimal in sich aufzunehmen und er wäre immer noch nicht gänzlich bedeckt. Mittlerweile hat sich gezeigt, dass der Wirbelsturm, der dem größten Planeten unseres Sonnensystems sein charakteristisches "Auge" verleiht, seit mehr als einem Jahrhundert immer kleiner wird: Heute passt die Erde kaum mehr als einmal in den Großen Roten Fleck.

Niemand weiß, wie lange sich diese Entwicklung noch fortsetzen wird und ob der Fleck eines Tages vielleicht gänzlich verschwinden könnte. Eine aktuelle Studie zeigt nun allerdings, dass es mit dem Great Red Spot (GRS), wie das Phänomen im Englischen heißt, in den vergangenen Hundert Jahren nicht kontinuierlich bergab ging: Er dürfte zeitweise sogar etwas gewachsen sein.

Der Sturm wandert immer schneller

"Stürme sind äußerst dynamische Systeme, und das können wir auch beim Großen Roten Fleck beobachten", erklärt Amy Simon vom Goddard Space Flight Center der Nasa in Greenbelt (Maryland). Die Expertin für planetare Atmosphären und Hauptautorin der nun im "Astronomical Journal" veröffentlichten Arbeit hat gemeinsam mit Kollegen historische Aufzeichnungen mit Voyager-Aufnahmen aus den 1970er und 1980er- Jahren sowie Hubble-Bildern jüngeren Datums verglichen.

Video: Wie sich der Große Rote Fleck des Jupiter im Laufe der Zeit verändert hat.
NASA Goddard

Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass der Große Rote Fleck immer schneller nach Westen driftet. Während der gigantische Sturm von Jetstreams im Norden und Süden stets in der gleichen geographischen Breite gefangen gehalten wird, bewegte er sich langsam entgegen der Rotationsrichtung des Jupiter. Aus früheren Beobachtungsdaten hatte man bisher geschlossen, dass diese Bewegung mehr oder weniger konstant ist, doch das dürfte sich mittlerweile geändert haben. Warum der Große Rote Fleck immer schneller wird, ist unklar.

Vorübergehendes Wachstum

Auch die Untersuchung seiner Dimensionen ab dem Ende des 19. Jahrhunderts – also jener Zeit, da man mit verlässlichen Aufzeichnungen begonnen hatte – ergab eine Überraschung: Obwohl seine kontinuierliche Größenabnahme insgesamt bestätigt werden konnte, haben Simon und ihr Team beim Großen Roten Fleck in den 1920er-Jahren ein vorübergehendes Wachstum ausgemacht. "Wir fanden Belege in den historischen Beobachtungen, dass der GRS schrumpft, zeitweise aber auch wieder gewachsen ist", sagt Reta Beebe von der New Mexico State University (Las Cruces), Koautorin der Studie.

Wissenschaftlich verlässliche Beobachtungsaufzeichnungen zum Großen Roten Fleck reichen bis ins Jahr 1878 zurück. Dieses Kompositbild wurde mit Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops erstellt.
Foto: NASA Goddard Space Flight Center

Aus ihren Untersuchungen schließen die Forscher, dass die Kontraktion die Winde im Inneren des Wirbels beschleunigt haben dürfte – ähnlich einem Eiskunstläufer, der sich schneller dreht, wenn er seine Arme an den Körper legt. Das wiederum hat zur Folge, dass der Sturm gegenüber seiner Umgebung immer höher hinaus ragt.

Plötzliche Veränderungen

"Wenn der Trend, den wir hier beobachten, weiter anhält, stehen dem Großen Roten Fleck in den nächsten fünf bis zehn Jahren interessante Entwicklungen bevor", sagt Rick Cosentino (Goddard Space Flight Center in Greenbelt), ebenfalls Koautor der Arbeit. "Es dürfte vermutlich zu sehr plötzlichen Veränderungen in seiner äußeren Erscheinung und seinem Verhalten kommen – und der Große Rote Fleck könnte dann womöglich seinen Namen gar nicht mehr verdienen." (tberg, 24.3.2018)