Trotz Schmerzen im unteren Rücken sollte man in Bewegung bleiben – etwa durch gezieltes Physiotraining, empfehlen Forscher.

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Schmerzen im unteren Rückenbereich sind der Hauptgrund dafür, dass Menschen in ihrer Bewegung eingeschränkt sind. Weltweit betrifft das Leiden geschätzte 540 Millionen Menschen. Obwohl derart weit verbreitet, wird das Phänomen häufig falsch und gegen Best-Practice-Richtlinien behandelt. Diesem Thema widmet sich eine aktuelle Serie in der britischen Fachzeitschrift "The Lancet".

Es ist medizinisch belegt, dass Schmerzen im unteren Rücken am besten in der Primärversorgung aufgehoben sind. Die allererste Behandlungsform sollte aus Information bestehen – und zwar darüber, wie Betroffene durch diverse Maßnahmen und Lebensstiländerungen weiterhin aktiv und im Arbeitsleben integriert bleiben können. "In der Mehrheit der Fälle helfen einfache physiologische Therapien, die die Menschen aktiv halten und ihnen das Arbeiten ermöglichen", schreibt Rachelle Buchbinder von der Monash-Universität in Australien. Denn: Diese Form der Rückenschmerzen ist meist unspezifisch und ein Zeichen von Verspannungen. Häufig liegt ihr Grund im Bewegungsmangel, vor allem Menschen in sitzenden Berufen sind davon betroffen.

Schmerzmittel und Operationen an der Tagesordnung

Ein hoher Anteil der Patienten wird allerdings in Notfallaufnahmen versorgt. Ihnen wird nahegelegt, sich auszuruhen und die Arbeit auszusetzen. Auch Röntgenuntersuchungen, chirurgische Eingriffe und das Verschreiben von Schmerzmitteln wie Opioiden stehen an der Tagesordnung. Wider besseres Wissen würden "häufig aggressive Behandlungen mit dubiosen Erfolgsaussichten angepriesen und auch finanziell rückerstattet", so die Autorin.

Fehlbehandlung bei unteren Rückenschmerzen sind dem Artikel zufolge ein weltweites Phänomen. In den USA, wo die Verschreibung von Opioiden boomt, bekamen im Jahr 2009 rund 60 Prozent der Betroffenen in Notaufnahmen solche Medikamente verschrieben. Nur der Hälfte der Menschen mit chronischen Rückenleiden seien Bewegungsübungen verordnet worden. In Indien ist es Studien zufolge üblich, Patienten Bettruhe zu empfehlen. In Südafrika erhalten 90 Prozent der Personen mit Leiden am unteren Rücken als einzige Behandlungsform Schmerzmittel.

Den Studienautoren zufolge hätten Länder mit niedrigem oder mittlerem Einkommen die fehlerhaften Praktiken von High-Income-Staaten übernommen. Ob ärmere Länder die dadurch zu erwartenden negativen Auswirkungen vermeiden können, sei fraglich, so Nadine Foster von der Keele-Universität in Großbritannien.

Kostenübernahme nurmehr für effektive Behandlung

"Millionen von Menschen auf der ganzen Welt erhalten die falsche Behandlung für Schmerzen am unteren Rücken", schreibt Studienautor Jan Hartvigsen von der Syddansk-Universität in der dänischen Stadt Odense. Die Autoren legen den Verantwortlichen und Entscheidungsträgern in den Gesundheitssystemen deshalb nahe, schädliche und unnütze Behandlungsmethoden künftig zu vermeiden.

Das könne gelingen, indem Krankenkassen künftig ausschließlich die Kosten für sichere, evidenzbasierte und effektive Behandlungen übernehmen würden. "Geldgeber sollten damit aufhören, die Kosten für ineffiziente und schädliche Tests und Behandlungen zu übernehmen, und ausschließlich für hochwertige Betreuung bezahlen", so das Fazit der Studienautoren.

Darüber hinaus sei es erforderlich, sowohl die Bevölkerung als auch die Mitarbeiter im Gesundheitswesen über falsche Annahmen aufzuklären, was Ursachen und Behandlungsmethoden von Beschwerden am unteren Rücken angehe. Auch Forschungsarbeiten betreffend Prävention, verbesserte Untersuchungsmöglichkeiten und wirksamere Behandlungsmethoden seien den Wissenschaftern zufolge voranzutreiben. (maka, 22.3.2018)