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Vor allem Konzerne wie Google will die EU-Kommission nun stärker zur Kasse bitten.

Foto: Reuters / BAZ RATNER

Der digitale Wandel sei gegenwärtig nicht nur dabei, das gesamte Wirtschafts- und Arbeitsleben in rasender Geschwindigkeit zu revolutionieren. Auch in Zusammenhang mit der Besteuerung von Firmen bzw. der Notwendigkeit der Finanzierung staatlicher Leistungen und Budgets kämen durch "das neue Geschäft im Internet" auf Staaten neue Herausforderungen zu – juristisch wie haushaltstechnisch. Das stellte der für Wirtschaft und Währung zuständige EU-Kommissar Pierre Moscovici am Mittwoch in Brüssel mehrfach in den Vordergrund, als er die Pläne der Behörde für das Zukunftsprojekt einer EU-weiten Digitalsteuer präsentierte.

"Unsere Systeme, Steuern einzuheben, basieren seit hundert Jahren darauf, dass es einen Ort gibt, wo das geschieht, einen Firmensitz, eine Fabrik, einen Ort, an dem Gewinne gemacht werden", erklärte der Franzose. Mit stark steigender Tendenz sei das bei Geschäften im Internet nicht möglich, da nur der Kunde lokalisierbar sei. Die Firma, die einem Europäer etwa nach Suchanfragen im Internet Werbung schickt oder die im Zuge von Zimmerbestellungen oder anderen Leistungen etwas verkauft, sei physisch oft nicht greifbar, weil sie ihr Netzwerk von den USA aus betreibt.

Einstiegsmodell als Übergang

Um derartige Steuerschlupflöcher für Onlineriesen wie Google und Facebook zu schließen (sie zahlen mit zehn Prozent nur halb so viel Steuer wie normale Formen), schlägt die EU-Kommission nun ein Einstiegsmodell als Übergang vor. Bis EU-weit und im Rahmen der OECD Steuerregeln harmonisiert werden, Körperschaftssteuern mit einer neuen Digitalsteuer angepasst, werde noch viel Zeit vergehen, sagte Moscovici.

Er schlägt daher vor, dass Digitalgeschäfte zunächst mit drei Prozent besteuert werden. Fällig wird diese Steuer in dem Land, wo der Kunde seine Leistung bezieht. Die Regelung solle nur für Unternehmen mit weltweit 750 Millionen Euro Erträgen pro Jahr gelten beziehungsweise 50 Millionen Euro in Europa. Moscovici schätzt, dass damit fünf Milliarden Euro an Steuereinnahmen lukriert werden können, wobei er sich für eine EU-einheitliche Regelung aussprach.

Erste Einnahmen ab 2020

Die Kommission hofft, dass der moderate Steuersatz und die einfache Abwicklung bereits im Jahr 2020 erste Einnahmen bringen würden. 120 bis 150 Firmen wären betroffen, die in der Union "keine physische Präsenz" aufweisen. Dafür hat die Kommission drei Kriterien aufgestellt: Von einer virtuellen Betriebsstätte spricht man, wenn jährlich Erträge von mehr als sieben Millionen Euro in einem EU-Land anfallen, es mehr als 100.000 Nutzer gibt, und das bei mehr als 3000 Geschäftsverträgen pro Jahr.

Die Art der neuen Digitalsteuer soll einen Bezug herstellen zwischen dem Ort, wo beim Nutzer Geschäfte gemacht werden, und der Entrichtung von Steuern durch Digitalfirmen. (Thomas Mayer aus Brüssel, 21.3.2018)