Wien – Auch hunderte Meter weiter, in der Reindorfgasse, barsten noch die Fensterscheiben, als es am 26. April 2014 in einem Gründerzeit-Zinshaus in der Mariahilfer Straße 182 zu einer verheerenden Gasexplosion kam. Ein junger Mann hatte sie in suizidaler Absicht herbeigeführt, er wurde fünf Stunden später geborgen und starb unmittelbar danach.

Das Haus war ab dem zweiten Stock schwer beschädigt und einsturzgefährdet, sämtliche Mieter mussten sofort hinaus und wurden in Notunterkünften der Stadt untergebracht.

Foto: APA/Schlager

Dann dauerte es einige Zeit, bis entschieden wurde, dass das Zinshaus – es gehört zwei Privatpersonen – wieder aufgebaut werden soll. Stadt und Bezirk waren stark dahinter, es zu erhalten, sagten Wohnbaustadtrat Michael Ludwig und Bezirksvorsteher Gerhard Zatlokal (beide SPÖ) bei der Präsentation des durchaus gelungenen Wiederaufbaus.

Die Rückendeckung der Stadt war freilich nicht nur eine moralische, sondern lässt sich mit 4,4 Millionen Euro – teils als Darlehen, teils als nicht rückzahlbarer Zuschuss – auch monetär beziffern. Die gesamten Baukosten lagen bei 7,5 Millionen Euro, ein Drittel davon kam von der Versicherung.

Foto: Putschögl

Die Sanierung und teilweise "Rekonstruktion" wurde vom Wohnfonds Wien koordiniert und nach Plänen der Trimmel Wall Architekten durchgeführt. In 20 Monaten Bauzeit wurden im Dachgeschoß neun neue Wohneinheiten geschaffen und die darunterliegenden saniert bzw. wiederaufgebaut, wobei manche kleineren Einheiten zusammengelegt wurden.

Durch die Hofüberbauung im Erdgeschoß erhielten die Wohnungen im 1. Obergeschoß im Innenhof eine Grünfläche. Im 2. Obergeschoß wurden die Aufenthaltsräume zum Innenhof orientiert und ein Laubengang bzw. Balkon jeweils an der Schmalseite des Innenhofes angeordnet.

(Bild links: Visualisierung der Architekten, rechts ein Foto von der Baustelle)

Bilder: Trimmel Wall Architekten ZT

Im 3. Obergeschoß wurde der Hoftrakt zur Liegenschaft Mariahilfer Straße 180 abgezont und zwei Dachgärten geschaffen, wodurch die Belichtungssituation im Innenhof erheblich verbessert werden konnte.

Foto: APA/Fohringer

Insgesamt weist das Gebäude nun 29 Wohnungen auf, statt zuvor 28. Vermietet werden sie für 7,68 Euro (Dachgeschoß) bzw. 5,71 Euro (Regelgeschoße) je Quadratmeter netto, was moderat über dem Wiener Richtwert (5,58 Euro) liegt. Sieben Mieter sind "Rückkehrer", waren also auch vor der Explosion schon im Haus, haben nun aber neue Mietverträge. Im Haus entstanden außerdem drei Geschäftslokale (zuvor war es nur eines), weiters acht Pkw-Stellplätze im Erdgeschoß inklusive E-Ladestationen. Auf dem Dach wurde eine Solaranlage installiert.

(v.l.: Bezirksvorsteher Gerhard Zatlokal (SPÖ), Architektin Isabella Wall, Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ), Architekt Günther Trimmel)

Foto: APA/Fohringer

Die alten gegliederten Fassaden wurden im Zuge eines von der Uni Wien begleiteten Forschungsprojekts mit Aerogel-Hochleistungsdämmputz versehen, die neuen Fassaden mit Hanf gedämmt. So wurde im Dachgeschoß Passivhausstandard erreicht, im Altbau zumindest annähernd. Die Stadt Wien ließ die Sanierung auch von der Wohnbauforschung begleiten.

Wermutstropfen: Beheizt wird das Gebäude nach wie vor mit Gas. Ein Fernwärmeanschluss war nämlich leider nicht möglich, so Architektin Isabella Wall. (Martin Putschögl, 22.3.2018)

Foto: Putschögl