Ob und wie es weitergeht, steht aktuell noch in den Sternen. Tendenziell wird der siebenfache Gesamtweltcupsieger aber seine Rennlatten noch nicht an den Nagel hängen.

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Hirscher macht sich nicht viel aus Pokalen und Kugeln: "Das Gedankengut ist viel wertvoller als schlussendlich die Auszeichnungen."

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Hirscher mit seiner imposanten Beute.

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Wien – Also sprach ein von den Strapazen doch sichtlich gezeichneter Marcel Hirscher, dass er nun einmal zum Heliskiing nach Kanada jetten wird. "Tiefschneefahren ist ein Genuss, landschaftlich superschön, ein Erlebnis, eine Abwechslung, eine Gelegenheit, den Kopf freizubekommen. Mir taugt es oben in den Bergen", sagte der siebenfache Gesamtweltcupsieger anlässlich eines Pressetermins von Sponsor Raiffeisen am Mittwoch in Wien. Wie es danach weiter geht, lässt der Salzburger aber weiter offen. "Ich möchte einfach einen Abstand gewinnen. Aktuell ist alles ein bissl viel."

Hopp oder dropp

Wer wissen möchte, wie es um Hirschers Gefühlslage bestellt ist, der setze sich im nächstgelegenen Vergnügungspark in eine Hochschaubahn. "Heute sage ich, ich habe keine Zeit, keine Energie mehr dafür. Morgen, wenn ich gut ausgeschlafen und voll im Saft bin, werde ich vielleicht sagen: Gehen wir es an. Es ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle."

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Der 29-jährige Doppelolympiasieger von Pyeongchang schwankt zwischen voller Begeisterung und dem Wunsch nach Entspannung: "Wenn ich die Bilder wieder sehe, dann denke ich mir, das war super und klasse, wenn ich aber morgen aus der Kiste raushüpfe, dann denke ich mir, wow, das war ganz schön anstrengend." Noch beim Weltcupfinale in Aare hat er sich gedacht, "schade, dass es nicht weitergeht." Jetzt denkt er sich: "Gut, dass es vorbei ist."

Tendenzen

Hirscher will "ehest möglich" bekannt geben, wie es weitergeht. "Das schulde ich meinem Team und meinen Partnern. Ich werde mich bemühen, so früh wie möglich, eine Entscheidung zu fällen." Die Tendenz geht am ehesten dahin, dass er weitermacht wie bisher. "Ich kann mir eh nicht vorstellen, dass es anders wäre, aber ich kann mir jetzt auch nicht vorstellen, dass ich sage, ja fix, es passt alles, ihr könnt schon beginnen, die Skier zu wachsen." Weitere, durchaus denkbare Szenarien wären aber auch, die Karriere mit 58 Weltcupsiegen, 123 Podestplätzen in 223 Rennen, insgesamt 17 Kristallkugeln, drei Olympiamedaillen und sechs WM-Titeln einfach zu beenden oder aber auf die Speeddisziplinen umzusatteln.

Erntezeit und Freizeit

Laut Hirscher wird es folgendermaßen ablaufen: Sein Trainer Mike Pircher wird ihn irgendwann anrufen und fragen: Gehen wir Skifahren? Dann wird sich der Annaberger entscheiden, ob er weitermacht, oder die Rennlatten abschnallt. Warum er nach jahrelanger, schweißtreibender Arbeit just dann mit dem Ernten aufhören sollte, wenn es am besten läuft? "Vielleicht, weil die Ernte eine andere sein kann, als viele vermuten, nämlich mehr Freizeit."

Weniger fokussiert zu trainieren, um mehr freie Zeit zu gewinnen, kommt für den Routinier Hirscher nicht in Frage, auch wenn es "seit 2015 viel leichter geworden ist, vom ganzen Drumherum." Denn dann würde er "unweigerlich schlechter". Man könne zwar "ein bissl ausrasten, aber irgendwann wirst du den Vorsprung, den du hattest, verlieren."

Grundsätzlich sei es ihm nie um Pokale gegangen. "Das Gedankengut ist viel wertvoller als schlussendlich die Auszeichnungen." Aufnahmen von seinen Erfolgen genießt er dafür umso mehr: "Da kann ich viel mehr Emotion hineinpacken". Daher ist es auch kein Anreiz für ihn, zu versuchen, Ingemar Stenmarks Rekord von 18 Kristallkugeln zu knacken. "Das sind Sachen, die mir eigentlich nie so richtig wichtig waren."

Verhandlungen mit Raiffeisen und Atomic

Klare Indizien für ein Weitermachen sind dennoch erkennbar. Einerseits gibt es Verhandlungen über Vertragsverlängerungen mit Raiffeisen und Atomic. "Sie verlaufen sehr positiv. Beide Verträge sind mehr oder weniger unter Dach und Fach." Andererseits, "weil es mir richtig Spaß macht, Rennfahren ist eine super Sache, taugt mir extrem und ich glaube, das merkt man auch."

Guggamusik und Ernährungsdilemma

Es gibt aber auch Dinge, die dem Salzburger sauer aufstoßen. Optimierungsmöglichkeiten ortet er bei Quartierwahl und Ernährung in einer doch sehr langen Saison. Während für die spanische Nationalmannschaft zur Vorbereitung auf die Euro 2008 im Stubaital ein Fahrverbot zur Einhaltung der Mittagsruhe erteilt wurde, "fährt bei uns auch manchmal keine drei Meter entfernt die Guggamusik um vier Uhr in der Früh vorbei." In Sachen Ernährung geht es dem Salzburger um Qualität. "Es kann nicht sein, dass teilweise keine gesunde Ernährung möglich ist. Du musst an manchen Weltcuporten irgendwohin essen gehen, zwei Stunden im Restaurant hocken, aber ich will was Gescheites essen und mich dann auf den Wettkampf vorbereiten."

Genussskifahren

In Kanada wird Hirscher nun die Muße finden, wenn er sich erstmals seit drei Jahren auf Skiurlaub begibt. Er möchte "einmal stressfrei und ohne an Hundertstelsekunden gemessen zu werden, das Skifahren genießen, möglichst viele Höhenmeter sammeln und die gute Form mitnehmen", denn irgendwann wird das Telefon läuten und eine Entscheidung fällig. Geht es nach Leodegar Pruschak, Geschäftsführer der Raiffeisenwerbung, dann wird das "Sportmärchen" prolongiert. "Seine tollen Imagewerte sind für uns optimal. Seine souveränen Auftritte erzielen extrem gute Werbewirkung. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir eine Fortsetzung dieser Erfolgsgeschichte schreiben können." (Thomas Hirner, 21.3.2018)