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Als größten Demokratieverlierer zählt die Studie die Türkei unter Präsident Tayyip Erdoğan auf – vor allem aufgrund der Entwicklungen seit dem versuchten Putsch. Dessen politischer Freund Viktor Orbán regiert eine Demokratie – der allerdings Rückschritte attestiert werden.

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Demokratische Instanzen geraten immer stärker unter Druck. Zu diesem Ergebnis kommt der "Transformationsindex", den die deutsche Bertelsmann-Stiftung alle zwei Jahre präsentiert. Die Zahl der Menschen, die weltweit in Autokratien leben, hat demnach in den vergangenen 15 Jahren deutlich zugenommen: Vergangenes Jahr lebten rund 4,2 Milliarden Menschen in Demokratien (2003 waren es 4,0 Milliarden) und 3,3 Milliarden in Autokratien – ein Anstieg von einer Milliarde gegenüber 2003 und der höchste Wert seit Beginn der Auswertung vor 14 Jahren.

Vor allem in Burundi und Tadschikistan, die ohnehin schon als Autokratien gelten, hätten sich die Strukturen in den vergangenen zwei Jahren weiter verhärtet, zitiert "Spiegel Online" aus dem Bericht. Auch wenn insgesamt mehr Menschen in Demokratien als in Autokratien leben, sei der Zustand vieler Staaten besorgniserregend. So sieht die Studie Rückschritte bei fairen und freien Wahlen. 2006 galt dabei noch jedes sechste Land als vorbildlich, 2018 nur noch jedes 14.

Uneingeschränkte Meinungs- und Pressefreiheit sieht die Studie nur in zehn der 129 untersuchten Staaten. 2006 war das noch bei 17 Staaten der Fall. Demnach haben 40 Regierungen in den vergangenen zwei Jahren den Rechtsstaat beschnitten, um ihre Macht und ein System der Selbstbereicherung zu erhalten, während 50 Staatsführungen politische Freiheiten einschränkten. Eine wesentliche Ursache sei auch die fehlende Dialogbereitschaft vieler Regierungen bei innerstaatlichen Konflikten.

Großer Verlierer Türkei

Als größten Demokratieverlierer stuft der Index die Türkei ein. Vor allem in den beiden Jahren nach dem Putschversuch habe sich das Land schlecht entwickelt. Die Türkei sei "aus dem Gleichgewicht". In keinem Land sei die "Aushöhlung der Gewaltenteilung" zuletzt so deutlich vorangetrieben worden wie in der "stark defekten Demokratie am Bosporus" seit dem Putschversuch vom Juli 2016. Beobachtet wurden eine "massive Einschränkung von Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit", eine "Indoktrinierung der eigenen Anhängerschaft" und eine "Marginalisierung der Opposition".

"Polen manövriert sich abwärts", heißt es laut der "Süddeutscher Zeitung" in der Studie. Ungarn nennt sie in einem Atemzug mit Madagaskar, Mali und Mexiko – lauter Länder, die "starke demokratische Rückschläge" erlitten hätten.

Als positiv bewertet die Studie die Entwicklungen in Burkina Faso und Sri Lanka: Beide Länder galten bisher als Autokratien; dass allerdings seit 2015 neue gewählte Regierungen im Amt sind, die Schritte zur Wiederherstellung der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eingeleitet haben, wird als positiv wahrgenommen. Österreich wird neben Deutschland, Kanada und Schweden stets als funktionierende Demokratie bezeichnet.

Positive Entwicklung

Elf Demokratien und nur zwei Autokratien hätten Chancengleichheit hergestellt. 27 Demokratien, aber nur zwei Autokratien hätten gut funktionierende Marktordnungen. In 72 Ländern herrsche massive Armut und soziale Ausgrenzung. Nur zwölf Demokratien seien bei der Korruptionsbekämpfung erfolgreich gewesen, aber nur eine Autokratie. Zugleich wächst der Protest gegen soziale Ungleichheit, Korruption und Missmanagement.

In dem "Transformationsindex" analysiert die Bertelsmann-Stiftung die Qualität von Demokratie, Marktwirtschaft und Regierungsführung. Von den 129 analysierten Staaten wurden 71 als Demokratien und 58 als Autokratien eingestuft. In 72 Ländern herrsche massive Armut und soziale Ausgrenzung. Die Auswertung beruht nach Angaben von Bertelsmann auf Länderberichten von 250 Experten international renommierter Universitäten, Institute und Denkfabriken. Am Donnerstag präsentiert die Stiftung den Bericht, der bereits einigen Medien vorliegt. (red, APA, 22.3.2018)