Brüssel – Die EU-Staats- und Regierungschefs haben kurz vor einem Spitzentreffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan den Ton gegenüber Ankara deutlich verschärft. Im Streit um die Gaserkundung im Mittelmeer und Territorialkonflikte in der Ägäis verurteilte der EU-Gipfel Freitagnacht "die fortgesetzten illegalen Handlungen" der Türkei "scharf".

Die Staats- und Regierungschefs zeigten zudem ihre "große Besorgnis über die fortdauernde Inhaftierung von EU-Bürgern in der Türkei".

Mit dem Vorwurf der "fortgesetzten illegalen Handlungen" zielen die EU-Chefs auf das türkische Vorgehen in den Streitigkeiten mit Griechenland und Zypern ab. Im Februar hatte ein türkisches Patrouillenboot ein griechisches Schiff gerammt; der Vorfall ereignete sich vor einer Inselgruppe in der Ägäis, auf die beide Länder Anspruch erheben.

Nach Putsch besetzt

Ein weiterer Streitpunkt ist die Erdgasförderung vor der Küste Zyperns. Türkische Marine-Schiffe hatten im Februar unter anderem ein Boot des italienischen Ölkonzerns ENI gestoppt. Hintergrund ist der Zypern-Konflikt. Die Insel ist geteilt, seitdem die türkische Armee 1974 in Reaktion auf einen von Griechenland unterstützten Putsch den Nordteil der Insel besetzt hatte.

Die Staats- und Regierungschefs erklären nun "volle Solidarität" mit Griechenland und Zypern. Sie fordern die Türkei "dringend" auf, "diese Handlungen zu stoppen und die souveränen Rechte Zyperns zu respektieren, seine natürlichen Ressourcen in Übereinstimmung mit EU- und internationalem Recht zu erforschen und zu nutzen". Zudem wird eine Normalisierung der Beziehung zur Republik Zypern verlangt.

Festnahme zweier Soldaten

Seit dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei geht die Regierung von Präsident Erdogan massiv gegen Gegner und Kritiker vor. Tausende Menschen wurden inhaftiert, unter ihnen auch EU-Staatsbürger. Die Gipfelerklärung verwies nun auch auf die Festnahme von zwei griechischen Soldaten, die Anfang März bei einer Patrouille an der Grenze auf türkisches Gebiet geraten waren.

Der Gipfel fordert von Ankara "eine schnelle und positive Lösung dieser Fragen in einem Dialog mit den Mitgliedstaaten". Die Staats- und Regierungschefs kündigten an, sie würden sich "weiter mit diesen Fragen befassen".

Am 26. März ist erstmals wieder ein Treffen von EU-Spitzenvertretern mit Erdogan im bulgarischen Warna geplant. An ihm nehmen unter anderem EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker teil. Dabei wird es unter anderem um die Bereitstellung von weiteren drei Milliarden Euro für die Versorgung von Syrien-Flüchtlingen in der Türkei gehen. (APA, 22.3.2018)