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Prominentestes Opfer des Odebrecht-Skandals: Perus Präsident Pedro Pablo Kuczynski gab in einer TV-Ansprache seinen Rücktritt bekannt.

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Verfassungsmäßiger Nachfolger Kuczynskis ist Martín Vizcarra, ein zurückhaltender Provinzpolitiker, dem es schwerfallen dürfte, die widerstrebenden Interessen im Kongress und den Machthunger der Fujimoristas zu bändigen.

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Lima/Puebla – Nach einer monatelang schwelenden Regierungskrise ist Perus Präsident Pedro Pablo Kuczynski am Mittwoch einer Amtsenthebung zuvorgekommen und hat seinen Rücktritt erklärt. Er sei Opfer einer "unerbittlichen Kampagne" geworden. Zwar sei er der gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe nicht schuldig, aber in diesem Klima sei Regieren unmöglich, sagte der Multimillionär und Unternehmer in einer kurzen TV-Ansprache.

Bei den Vorwürfen handelt es sich um Beraterhonorare, die seine Firma von der brasilianischen Baufirma Odebrecht kassiert hatte, als er Minister war. Anschließend hatte der Konzern lukrative Aufträge wie den Bau von Fernstraßen und Energieinfrastruktur bekommen. "Diese Regierung glaubte, mit Geld alles kaufen zu können. Der Rücktritt lässt unsere Nation auferstehen", twitterte seine politische Gegenspielerin Keiko Fujimori.

Der Kongress muss den Rücktritt noch akzeptieren und beraumte die Debatte für Donnerstag und die Abstimmung für Freitag an. Verfassungsmäßiger Nachfolger ist der erste Vizepräsident Martín Vizcarra, ein zurückhaltender Provinzpolitiker, der vor den Ränkespielen an die kanadische Botschaft geflohen war und am Donnerstag auf dem Rückflug in die Heimat war.

Erste Abstimmung im Dezember

Kuczynski hätte das bereits zweite Misstrauensvotum Presseberichten zufolge nicht überstanden, da diesmal wohl eine ausreichende Mehrheit von Abgeordneten ihm die Gefolgschaft verweigert hätte –anders noch als im Dezember, als die nötige Mehrheit nicht zusammengekommen war. Seither aber hatte der Staatschef vor dem Odebrecht-Ermittlungsausschuss im Parlament eine unglückliche Figur gemacht. Außerdem waren zu Wochenbeginn Videoaufnahmen aufgetaucht, die seine Verbündeten dabei zeigten, wie sie versuchten, Parlamentarier zu bestechen, damit sie Kuczynski ihr Vertrauen nicht entziehen.

Der Präsident, der vor eineinhalb Jahren bei der Stichwahl nur knapp gegen die Diktatorentochter Keiko Fujimori gewonnen hatte, bewies von Anfang an kein glückliches Händchen. Ohne Mehrheit im Kongress war er nicht in der Lage, Allianzen zu schmieden. Besonders Keiko Fujimori, aber auch die linke Fraktion, der die neoliberale Wirtschaftspolitik zuwider war, stürzten immer wieder Minister. Das Misstrauensvotum im Dezember hatte Kuczynski nur wegen eines internen Zwists der Fujimori-Geschwister überstanden. Kenji, der Bruder von Keiko und Abgeordneter, hatte sich mit einem Teil der "Fujimoristas" auf die Seite des Präsidenten geschlagen, im Gegenzug für eine Begnadigung seines Vaters Alberto, der wegen Korruption und schwerer Menschenrechtsverletzungen seit 2007 inhaftiert war.

Neuwahlen möglich

Peru steuert nun auf ungewisse Zeiten zu. Vizcarra ist parteilos und gilt zwar als integer, effizient und umgänglich, es dürfte ihm aber schwerfallen, die widerstrebenden Interessen im Kongress und den Machthunger der Fujimoristas zu bändigen. Sollte auch er sowie die ihm nachfolgende Zweite Vizepräsidentin verschlissen werden und zurücktreten, müsste der Parlamentspräsident Neuwahlen ausrufen. Auch deren Ausgang wäre höchst ungewiss angesichts des Streits der Fujimori-Brüder und der Politikverdrossenheit der Peruaner.

Baulöwe Marcelo Odebrecht hat vor brasilianischen und peruanischen Ermittlern ausgesagt, er habe zahlreiche peruanische Politiker geschmiert, darunter die Ex-Präsidenten Alan García, Alejandro Toledo und Ollanta Humala, gegen die ermittelt wird. In Keiko Fujimoris Kampagne sei ebenfalls Geld geflossen.

Über den Odebrecht-Schmiergeldskandal sind schon zahlreiche Politiker in ganz Lateinamerika gestürzt, darunter Ecuadors Vizepräsident Jorge Glas. Würde nicht nur der Präsident neu gewählt, sondern auch das Parlament aufgelöst – ein Detail, das in der Verfassung nicht eindeutig geregelt ist –, würden einige Politiker plötzlich ohne Immunität dastehen. Ob die peruanische Justiz allerdings robust genug ist, ähnlich wie die in Brasilien ein Mega-Korruptionsverfahren gegen die politische Klasse zu stemmen, ist unklar. (Sandra Weiss, 22.3.2018)