Schon quasi ewig bekannte Fakten, Hürden, Tatsachen: Zeit zu handeln, sagt Manuela Vollmann.

Foto: abz*austria

Ich arbeite seit über 25 Jahren an der Schnittstelle zwischen Frauen, dem Arbeitsmarkt und der Wirtschaft. Ich sehe immer die gleichen Powerpointfolien bei diversen Businessveranstaltungen, die belegen, wie unterrepräsentiert der Anteil der weiblichen Führungskräfte in Österreich ist, wieviel Frauen weniger verdienen als Männer und dass trotz steigender AkademikerinnenzahlenMan, aber selbst bei gleichen Bildungsabschlüssen, Frauen signifikant weniger in führenden Positionen anzutreffen sind.Der Frauentag fasst jedes Jahr die betrüblichen Fakten zusammen.

Ich kann es nicht mehr hören, wenn es heißt, es gebe wieder keine geeigneten Kandidatinnen für eine Führungsposition und ich will keine Veranstaltungseinladungen mehr bekommen, wo es sich auf den ersten Blick wieder nur um ein rein mit Männern besetztes Podium handelt. Die Lage ist bekannt. Mir ist aber auch klar, dass wir solange sich nichts ändert, wohl immer wieder von diesen Fakten hören müssen. Was ich mir wirklich wünsche, sind Lösungen.

Die Hälfte fehlt

Mittlerweile sollte es sich herumgesprochen haben, dass es sich die Wirtschaft nicht leisten kann, weibliche Talente brach liegen zu lassen. Top-ausgebildete Frauen strömen auf den Arbeitsmarkt und werden schneller in der Arbeitswelt enttäuscht, als wir es in unserem Jahrhundert für möglich halten. Und ja, es gibt mittlerweile jede Menge Studien, dass starre Geschlechterrollen die Leistungsfähigkeit der Unternehmen einschränken.

Die besseren dieser Studien argumentieren mit Vielfalt und verzichten darauf, den Mehrwert der weiblichen Führungskräfte auf ihre Beziehungsorientierung und Kommunikationsfähigkeit zu reduzieren. Hören wir endlich auf damit, die vielen Unterschiede, die es auch unter allen Männern und unter allen Frauen gibt, zu ignorieren, Menschen sind unterschiedlich, dass hat nichts mit dem Geschlecht zu tun. Sie schreiben doch nur Verhaltens- und Rollenerwartungen fort und reproduzieren die immer gleichen Klischees und damit Diskriminierungen.

Wir dürfen aufgrund der Fakten davon ausgehen, dass viele Frauen die notwendigen Ausbildungen und Kompetenzen für Führungspositionen mitbringen. Wir wissen auch ganz genau, woran es scheitert, dass es nicht mehr Frauen in Führungspositionen gibt.Die ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit, ein Mangel an qualitativ und quantitativ hochwertigen Kinderbetreuungsplätzen, der Mangel an qualitätsvoller Teilzeitarbeit, gekoppelt mit der Tatsache, dass in genau jenen Lebensphasen, in denen meist Frauen die Kinderbetreuung übernehmen, die Gehälter der Männer überdurchschnittlich ansteigen und dies mit dem Aufstieg auf der Karriereleiter einhergeht.

Große strukturelle Änderungen nötig

Tatsachen, die schon unendlich lange auf dem Tisch liegen. Die unzähligen Berichte und Infos dazu verstauben mittlerweile wahrscheinlich in dutzenden Ordnern. In den letzten Jahren sollte Veränderung doch auch dadurch unterstützt werden, dass auch Männer gerne die Kinderbetreuung und -versorgung übernehmen möchten, wir erleben viele junge Väter, die sich aus tradierten Rollenbildern befreien wollen. Was ist also zu tun? Die großen strukturellen Änderungen liegen bei Politik und Wirtschaft. Hier könnten neue strukturelle Rahmenbedingungen z.B. in Form von neuen Arbeitszeit- und Arbeitsorganisationsmodellen geschaffen werden. Job-Sharing Modelle, die Möglichkeit auch Führung in Teilzeit zumindest in bestimmten Lebensphasen zu ermöglichen und bewusst zu fördern, schaffen einen Schritt Richtung gleichberechtigter Gesellschaft.

Die zunehmende Digitalisierung verändert unsere Arbeitswelt komplett. Und vielleicht erfüllt sie uns doch noch den Traum von erheblich weniger Arbeit. Aber ganz prinzipiell bringt eine 30-Stunden-Woche, wie sie in Deutschland bereits diskutiert wurde, nicht nur den nötigen Freiraum, sich mehr um die eigenen Bedürfnisse und das eigene soziale Umfeld zu kümmern, sondern eröffnet auch die Perspektive, Weiterbildungen, Kinderbetreuung oder die Versorgung oder Pflege von Angehörigen ein Stück weit besser vereinbar zu machen.

Abseits von den großen politischen und wirtschaftlichen notwendigen Änderungen, kann ich nur dazu aufrufen, auch auf der individuellen Ebene, zu tun, was möglich ist. Wenn Sie in einer Beziehung leben, schauen Sie nach, wie die Hausarbeit zwischen Ihnen und Ihrem Partner verteilt ist. Wenn Sie Kinder haben, achten Sie darauf ihr Selbstbewusstsein unabhängig vom Geschlecht zu stärken. Teilen Sie Mädchen und Burschen gleich viel für Hausarbeiten ein.

Klare, wirksame Maßnahmen

Wenn Sie Arbeitgeber sind, unterbinden Sie Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts und setzen Sie gezielt Schritte, die Vereinbarkeit für Männer und Frauen fördern, dies geht oft mit effektiven Mitteln, wie z.B. keine Meetings nach 17 Uhr anzusetzen.Wenn Sie Personalverantwortung haben, achten Sie darauf, dass Sie Recruiting-Prozesse gleichstellungsorientiert aufsetzen und wenn Sie Arbeiternehmerin sind, kommunizieren sie klar und deutlich ihre Karrierewünsche.

Wenn Sie Arbeitnehmer sind, dann vergleichen sie ihr Gehalt mit dem der weiblichen Kollegin und fragen Sie sich, ob die Unterschiede gerechtfertigt sind. Wenn Sie in egal welcher Rolle zu einer rein Männer dominierten Veranstaltung eingeladen werden, sagen Sie ab und äußern sie ihre Kritik dazu.Arbeiten wir alle aktiv an anderen Mindsets. Zuschreibungen passieren schnell. Die ersten Frauen in bis dato rein männerbesetzten Orchestern wurden engagiert, nachdem die Auditions für männliche und weibliche Musiker hinter einem Vorhang stattgefunden haben. Auch eine kreative und effektive Lösung, wenn es nicht anders geht. Wenn der Wille zur Veränderung da ist, dann gibt es immer Wege. Nur bitte gehen wir es an, erzeugen wir Druck, wo es nötig ist und finden Lösungen, wo wir Veränderungen bewegen können. Die Fakten liegen auf dem Tisch, es ist Zeit zu handeln. (Manuela Vollmann, 23.3.2018)