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Es fehlen Fachkräfte, es fehlen Spezialisten – und insgesamt werden die Jungen weniger: Firmen investieren viel Geld, um mögliche Arbeitnehmer von ihren Qualitäten zu überzeugen, mitunter auch mit Gütesiegeln, die von verschiedenen Instituten vergeben werden.

In Deutschland gibt es über 200 solcher Auszeichnungen. Zu den bekanntesten hierzulande zählen "Österreichs beste Arbeitgeber" von Great Place to Work, "100 Top-Arbeitgeber in Österreich" von Trendence, "Österreichs beliebteste Arbeitgeber" von Universum Global oder auch "Best Recruiters" von Career-Verlag und Wirtschaftsuni Wien.
Auch Bewertungsportale wie Kununu vergeben solche Siegel sowie öffentliche Stellen. Das Wirtschaftsministerium zeichnet Firmen mit dem Staatspreis Un ternehmensqualität aus, das Bundeskanzleramt überreicht das Audit "berufundfamilie".

Die Siegel landen dann auf den Firmenwebsites oder den Stellenanzeigen. So wie Biosiegel dem Kunden Orientierung bieten sollen, scheinen auch Arbeitgebersiegel Jobsuchenden weiterzuhelfen, doch sie dürften selten hin terfragt werden. So zeigen wis senschaftliche Studien, dass prämierte Unternehmer als attraktiver wahrgenommen und deren Marktanteil sowie dortige Karrierechancen als höher eingeschätzt werden.

Unterschiedliche Systeme

Die Siegel wollen eine gewisse Vergleichbarkeit für Jobsuchende erzielen, doch es gibt keine Standards dafür. Die Anbieter setzen ihre eigenen Kriterien. Und für jeden Bewerber ist ein guter Arbeitgeber etwas anderes. Die einen wollen ein sicheres Gehalt, die anderen ein internationales Team oder flexible Arbeitszeiten. "Die eigentlichen Kriterien sind den Konsumenten meist nicht bekannt oder undurchschaubar", sagt Roman Umschweif, Vizepräsident des Konsumentenschutzverbands Österreich.

Martin Mayer, Geschäftsführer der Personalberatung Iventa, findet die Idee von Gütesiegeln grundsätzlich "ganz gut, wenn mit standardisierten Erhebungen Aussagen über die Qualität eines Arbeitgebers gemacht werden" und sich die Firmen mit Fragen der Arbeitgeberattraktivität auseinandersetzen. Das ist rundum auch ein wachsendes Geschäft in der Beratungsindustrie. Doch: "Es gibt große Un terschiede bei den Gütesiegeln, je nachdem, wie aufwendig die Erhebungsmethoden sind."

Keine Vergleichbarkeit

Bei Great Place to Work etwa muss sich die Firma aktiv bewerben. Dann folgen eine Mitarbeiterbefragung und eine Auswertung der Personalstrategie, daraus ergibt sich eine Gesamtbewertung. Das Unternehmen darf ein Jahr die Zertifizierung tragen und nimmt im Wettbewerb um Österreichs beste Arbeitgeber teil. Die Kosten beginnen, je nach Leistungspaket steigend, bei rund 6000 Euro. Das "Best Recruiters"-Siegel darf tragen, wer bei der Untersuchung der 375 größten und umsatzstärksten Firmen Österreichs nach 130 wissenschaftlichen Kriterien am besten im Recruiting abschneidet.

Beim Bewertungsportal Kununu ist der Weg zum Siegel kürzer: Wird ein Unternehmen mindestens sechsmal von seinen Mitarbeitern bewertet und erhält im Schnitt die Note Drei, wird es als "Top Company" geführt. Viele laden daher ihre Mitarbeiter ein, Bewertungen abzugeben. "Oft werden hier auch Fake-Profile angelegt", sagt Umschweif.

Ranking der Top-Arbeitgeber

Trendence und Universum Global befragen Studierende nach der Bekanntheit der Firmen und danach, wo sie sich am ehesten bewerben würden oder welche Erwartungen sie an den Arbeitgeber haben. Auf Basis dessen wird ein Ranking der Top-Arbeitgeber erstellt. Bei Universum Global zahlen die Firmen, wenn sie nähere Informationen zu den Aussagen der Befragten wollen, je nach Umfang zwischen 4000 und 9000 Euro, heißt es auf Anfrage. Das Tragen des Siegels ist kostenlos.

"Man kann sie kaum vergleichen, besonders dann, wenn Fragen von Personen beantwortet werden, die nie in den Betrieben waren", sagt Umschweif. Zwar sind Studierende eine wichtige Zielgruppe bei der Rekrutierung von Nachwuchs, doch ihre Aus sagen beruhen oft auf dem Branchenimage und nicht auf der Qualität der personalpolitischen Leistungen einer Firma. Und ein 23-jähriger Student hat andere Erwartungen an den Arbeitgeber als eine 45-jährige Berufstätige.

Kein Blankoscheck

Daher müsse man sich ansehen, welche Methode angewandt wird und was es wirklich aussagen soll, sagt Mayer. "Wie es wirklich um die Qualität der Jobs beschaffen ist, sagen die Rankings nicht."
Vielleicht auch deshalb sehen dennoch einige Studierende die Siegel skeptisch, wie eine Um frage des Personaldienstleisters Univativ zeigt. Mehr als ein Drittel der Befragten misstraut den Bewertungen. Was möglicherweise ein Vorteil für nichtprämierte Firmen ist.
Diese sind nicht automatisch schlechte Arbeitgeber, sondern vielleicht zu klein, um für die Siegel-Institute infrage zu kommen, oder können sich diese schlicht nicht leisten. (Selina Thaler, 27.3.2018)