Das Sicherheitspersonal im Kosovo-Parlament ist mit Gasmasken ausgerüstet.

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Prishtina/Sarajevo – Ganz ohne Tränengas ging es auch diesmal nicht. Das kosovarische Parlament hat am Mittwoch mit Zweidrittelmehrheit – aber doch – das Grenzabkommen mit Montenegro ratifiziert, das bereits im Jahr 2015 vereinbart worden war. Die Opposition und Teile der Regierungsparteien hatten jahrelang die Ratifizierung verhindert – und mit Tränengas die Abstimmungen gestört. Auch diesmal wurden wegen der Tränengasattacken sieben Abgeordnete der Partei Vetëvendosje festgenommen.

Im Kosovo hegt man nun die übertriebene Erwartung, dass es bald zu einer Schengen-Visa-Liberalisierung kommen könnte. Premier Ramush Haradinaj, der jahrelang blockierte, sagte nun, die Zustimmung zum Abkommen sei eine Stimme für "Reisefreiheit".

Doch diese ist von einem weiteren Kriterium abhängig: Der Kosovo muss Ergebnisse bei der Bekämpfung schwerer Korruption liefern. Dies ist für die Schengen-Mitgliedstaaten wichtig.

EU-Staaten zögerlich

Die EU-Kommission überprüft gerade die Ergebnisse der Korruptionsbekämpfung, die Analyse wird allerdings noch nicht in die Länderberichte der Kommission über den Westbalkan einfließen, die am 17. April vorgestellt werden. Deswegen wird es auch bis Sommer noch keine Empfehlung zur Schengen-Visaliberalisierung geben. Und selbst wenn diese seitens der Kommission zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen sollte, so entscheiden am Ende die EU-Mitgliedstaaten.

Und einige von denen – etwa die Niederlande, Deutschland, Frankreich und Spanien – haben Bedenken. Viele EU-Staaten sind von den politischen Entwicklungen im Kosovo enttäuscht. Die Ratifizierung des Grenzabkommens mit Montenegro wurde von nationalistischen Kräften missbraucht, die behaupteten, dass der Kosovo mit dem Grenzabkommen an Territorium verlieren würde.

Im Februar dieses Jahres hatten die Präsidenten Montenegros und des Kosovo schließlich vereinbart, mögliche Uneinigkeiten zu besprechen. Damit wurde eine neuerliche Abstimmung im Parlament erst möglich.

Doch für die EU steht nun ohnehin ein anderes Thema im Vordergrund, nämlich der Abschluss eines historischen Abkommens zwischen Serbien und dem Kosovo, das kommendes Jahr unterzeichnet werden soll. Analog zum deutsch-deutschen Grundlagenabkommen aus dem Jahr 1972 soll Serbien damit den Kosovo "akzeptieren" – also indirekt anerkennen. Anders als es manche serbische und kosovarische Politiker wollen, werden bei dem Abkommen Russland und die USA aber nicht am Tisch sitzen.

Auch eine Abspaltung des serbisch besiedelten Nordkosovo oder ein Gebietsabtausch mit dem Presevo-Tal in Serbien kommen laut EU-Beamten nicht infrage. Der serbische Präsident Aleksandar Vucic war soeben bei der Uno in New York und hat sich dort bezüglich des Abkommens kompromissbereit gezeigt.

Treffen von Vucic mit Thaçi

Heute, Freitag, findet in Brüssel ein Treffen zwischen Vucic und dem kosovarischen Staatschef Hashim Thaçi statt. Dabei geht es auch um die Bildung eines Gemeindeverbundes für die serbischen Dörfer im Kosovo, der bereits 2013 beschlossen worden ist. Die technischen Gespräche zwischen den beiden Delegationen in den vergangenen Tagen haben bisher keine Fortschritte gebracht. (Adelheid Wölfl, 22.3.2018)