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Derzeit hat Premierministerin Theresa May noch einen Platz in der EU, spätestens nach der Brexit-Übergangsphase 2020 ist damit Schluss. Für danach schlug Brüssel ein Freihandelsabkommen vor.

Foto: Reuters / Olivier Hoslet

So aufgeräumt und fast amikal wie diese Woche hat man die britische Premierministerin im Kreis der Staats- und Regierungschefs aus den 27 EU-Partnerländern schon lange nicht mehr gesehen. Seit Theresa May vor fast einem Jahr den EU-Austritt ihres Landes per 29. März 2019 offiziell verkündet hatte, verliefen Treffen mit ihr in der EU-Hauptstadt meist eisig und kontroversiell. Freitagfrüh sagte May beim Eintreffen überraschend, sie bleibe noch ein bisschen länger. Denn zur angekündigten Aussetzung der US-Handelssanktionen gegen die EU sei noch einiges zu bereden, was auch die Briten stark betreffe.

Dabei wollten sich die EU-27-Partner ab Freitag laut Plan eigentlich schon ohne sie darüber unterhalten, mit welcher Strategie sie die Brexit-Verhandlungen und die folgenden Gespräche über die künftigen Beziehungen zum Vereinigten Königreich weiterführen wollen.

Das Ringen der EU mit US-Präsident Donald Trump um mögliche Ausnahmen bei den Stahl- und Aluminiumzöllen einerseits, andererseits aber auch die Reaktion der Europäer auf die Nervengasattacke im britischen Salisbury machten dem einen Strich durch die Rechnung. Anstatt über Trennung zu reden, debattierten die Staats- und Regierungschefs Donnerstagabend stundenlang darüber, wie sie sich mit den Briten solidarisch zeigen könnten; wie sie auf Russland und Präsident Wladimir Putin reagieren könnten.

Botschafter zurückberufen

Ergebnis: Alle 27 EU-Partner erklärten gemeinsam, dass die Verantwortung Moskaus für das Attentat "höchst wahrscheinlich" sei, eine andere Möglichkeit kaum vorstellbar sei. Die EU sieht es als Angriff auf die gemeinsame Sicherheit. Sie beschlossen mit May auch, dass der EU-Botschafter in Russland zu Konsultationen über den Fall zurückberufen wird.

Nach einem Sechsaugengespräch von May mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wurde auch klargestellt, dass die Briten mit der vollen Solidarität der Partner rechnen könnten. Ganz in diesem Sinne hatte die britische Premierministerin erklärt, dass ihr Land – Brexit hin oder her – in unmissverständlicher Treue zur gemeinsamen Sicherheit in Europa stehe.

Unter solchen demonstrativen Vertrauenssignalen verwunderte es nicht, dass Ratspräsident Donald Tusk Freitagvormittag verkündete, dass die EU-27 sich auf gemeinsame Leitlinien beim Brexit wie auch bei den Gesprächen über ein Folgeabkommen geeinigt hätten. EU-Chefverhandler Michel Barnier sprach von "entscheidenden Fortschritten".

So ist nun auf höchster Ebene vereinbart, dass Großbritannien Ende März 2019 aus der EU austritt. Dann kommt es jedoch zu einer "Übergangszeit", in der die bestehenden Regelungen zu Zoll und Binnenmarkt weiter gelten, so als wären die Briten noch in der EU. Das soll für Bürger wie Firmen maximale Rechtssicherheit bieten. Diese Übergangszeit endet mit 31. Dezember 2020, gleichzeitig mit dem langfristigen EU-Budgetrahmen. Bis dahin sollen alle offenen Fragen, die sich aus dem Brexit ergeben, geklärt sein: auch Budgetverpflichtungen, Bürgerrechte und der Status der möglichst offenen Grenzen auf der irischen Insel zwischen Nordirland und der Republik im Süden.

Freihandel statt Binnenmarkt

Und es soll in diesen 21 Monaten ein neues Abkommen der EU mit Großbritannien geben. May strebt an, dass ihr Land in bestimmten Sektoren im Binnenmarkt und in der Zollunion bleiben kann, ohne EU-Verpflichtungen zu übernehmen, was die Union als "Rosinenpickerei" ablehnt. "Drinnen oder draußen", ist die EU-Devise. Die EU-27 wollen London ein umfangreiches Freihandelsabkommen anbieten, ohne Zölle und Mengenbeschränkungen. Eine Sonderregelung könnte es aber für das britische Nordirland geben, für das weiter die Binnenmarktregeln gelten sollen.

Wenig Zeit blieb zur Erörterung der Spannungen mit der Türkei vor dem EU-Gipfeltreffen mit Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Montag wie zur Euroreform. Die EU-Chefs erneuerten ihre Kritik an Grundrechtsverletzungen in Ankara. (Thomas Mayer aus Brüssel, 23.3.2018)