Die Referenten der Veranstatlung. Links neben Ursula Stenzel (Mitte) steht der russische Botschafter Dmitri Ljubinski.

Foto: STANDARD/Markus Sulzbacher

Es war keine typische FPÖ-Veranstaltung. Statt zu biergeschwängerten Reden luden die Freiheitlichen am Donnerstagabend in den Ballsaal des noblen Wiener Grand Hotels, um an den jüdischen Rotarmisten Alexander Pechersky zu erinnern. Pechersky führte einen Aufstand im NS-Vernichtungslager Sobibor an und verhalf Hunderten seiner Mitgefangenen zur Flucht. Sein Leben wurde nun verfilmt. Viele blaue Parteigänger waren nicht gekommen, dafür der russische Botschafter Dmitri Ljubinski und weitere Mitglieder der russischen Gemeinde. Insgesamt besuchten keine 100 Personen die Veranstaltung, einige Stühle blieben leer.

Ohne FPÖ-Geschichte

Außenministerin Karin Kneissl und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sagten ihre angekündigte Teilnahme kurzfristig ab. Daher blieb Ursula Stenzel die alleinige Aufgabe, die Veranstaltung des FPÖ-Bildungsinstituts zu moderieren. Ihre Ausführungen über die Verbrechen von "sadistischen SS-Männern" und darüber, wie ihre Eltern die "Befreiung Wiens" durch die Rote Armee erlebten, hätten vor wenigen Jahren noch für lautstarke Tumulte unter der freiheitlichen Zuhörerschaft gesorgt. Schließlich wurde die Partei von SS-Brigadeführer Anton Reinthaller mitbegründet, und freiheitliche Politiker nehmen an Veteranentreffen der Waffen-SS teil.

Vizekanzler Strache nahm vor rund zehn Jahren den Literaturnobelpreisträger Günter Grass in Schutz, als dessen Mitgliedschaft in der Waffen-SS bekannt wurde. Er könne "die permanenten Anschuldigungen und Kriminalisierungsversuche" nicht mehr hören, sagte Strache damals.

"Unauslöschbare Schandflecke" und die "Massenzuwanderung"

Die eigene Parteigeschichte wurde bei der Veranstaltung auch von FPÖ-Politiker Klaus Nittmann nicht erwähnt. In seiner Rede betonte er die Einzigartigkeit der Shoah und nannte Auschwitz, Mauthausen und Sobibor "unauslöschbare Schandflecke". "Für diese Verbrechen darf es gar keine Rechtfertigung, Relativierung oder Verständnis geben." Ergänzend erwähnte er die "geschichtliche Verantwortung Österreichs" an den Massenmorden der Nazis. Erschreckend sei für ihn das Erstarken des Antisemitismus, der sich im Zuge der "unkontrollierten Massenzuwanderung" ausbreite. Auch lobte er die "tapferen Männer" rund um den Rotarmisten Pechersky, die Widerstand gegen die "erbarmungslose Vernichtungsmaschinerie der Nazis" leisteten. Das kam beim russischen Publikum an.

"Sobibor", die Verfilmung des Lebens von Alexander Pechersky, wird am 8. Mai in Wien uraufgeführt.
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Der russische Botschafter Ljubinski lobte in seiner Ansprache die "Heldentaten des multinationalen sowjetischen Volkes, das Europa und die ganze Welt gerettet hat". Sätze, die wohl noch nie auf einer offiziellen FPÖ-Veranstaltung gefallen sind. Es ist noch nicht lange her, dass Strache das "Heldendenkmal der Roten Armee" am Wiener Schwarzenbergplatz schleifen lassen wollte, da es ein "mit allen ideologischen Symbolen versehenes Triumphmal eines ideologischen Eroberers" sei.

Alle "denkbaren roten Linien" überschritten

"Besonders empörend" seien die "zynischen Versuche" mancher europäischer Länder, die Geschichte des Zweiten Weltkrieges "zu manipulieren oder neu zu schreiben" oder "die Opfer und Henker gleichzustellen", führte Ljubinski aus. Der britische Außenminister Boris Johnson habe alle "denkbaren roten Linien" überschritten, als er die Fußball-WM in Russland mit den Olympischen Spielen 1936 in Berlin verglich. Manche FPÖ-Vertreter könnte auch die Erwähnung der guten Zusammenarbeit mit dem Mauthausen-Komitee, das zu den schärfsten Kritikern der FPÖ zählt, irritiert haben.

Zerstörung sowjetischer Kriegerdenkmäler

Weitere Redner kritisierten die Zerstörung sowjetischer Kriegerdenkmäler in osteuropäischen Staaten und mahnten, dass sich der Faschismus niemals wiederholen dürfe. Der israelische Politiker Michael Kleiner, vom rechten Flügel des Likud, lobte in seiner Rede die FPÖ und die Aktivitäten Straches, der vieles tue, um Israel zu helfen. Etwa bei der Übergabe geraubten Eigentums. (Markus Sulzbacher, 23.3.2018)